Jobsharing kann ein Zukunftsmodell sein, um mehr Frauen für Führungspositionen zu gewinnen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen, auch für Männer. Katrin Terwiel und Ayse Semiz-Ewald teilen sich die Rolle der Vice President DE&I bei der Deutschen Telekom AG und erzählen uns, wie das für sie funktioniert.
Foto: unsplash /Kobu Agency
Die Idee zum Jobsharing hatte Katrin Terwiel, die damals das Diversitätsmanagement bei der Telekom allein leitet. Der Job nahm mehr Raum in ihrem Leben ein, als sich richtig anfühlte. Sie wünschte sich Freiraum für eigene Projekte wie zum Beispiel ihren Podcast. Da sich ihr Aufgabengebiet weiter ausweiten würde, war ein Tandem-Modell die naheliegendste Lösung. Deshalb suchte sie das Gespräch mit ihrem Chef. Dieser war der Idee nicht abgeneigt, da so verschiedene Stärken zum Tragen kommen können und auch Krankheitsfall oder Urlaub abgepuffert sind. Terwiel hatte eine klare Vorstellung, welche Kriterien die andere Person erfüllen muss. Sie sollte globale Expertise im Bereich strategische Diversity-Leitung mitbringen, die gleiche Vision, aber eine andere Persönlichkeitsstruktur und Stärken als sie selbst haben. Sie wollte die Person kennen, um mit einer Vertrauensbasis in die Zusammenarbeit zu starten. Ayse Semiz-Ewald erfüllte alle Kriterien. Deren Begeisterung hielt sich am Anfang in Grenzen. Austausch und Abstimmung schienen ihr zu zeitintensiv. Doch mit Terwiel konnte sie sich das vorstellen. Sie durchlief erfolgreich den Auswahlprozess und entschied sich für die Telekom und das Jobsharing-Modell.
Terwiel und Semiz-Ewald setzten sich zusammen und klärten die Struktur, die sie für sich etablieren wollten. Beide verteilten ihre 70%-Stelle auf eine 4-Tage-Woche. Den freien Tag nutzen sie für freiberufliche Tätigkeiten. Jede Woche treffen sie sich zweimal zum gemeinsamen Jour Fixe, außerdem zu einem Leadership-Meeting mit den Executive Peers ihres Teams und einem Meeting mit ihrem Diversity-Team. Die Aufgaben werden stärkebasiert verteilt. Wer die Hauptverantwortung für einen Bereich trägt, hat das letzte Wort. Dabei geht es nicht um richtig oder falsch, sondern darum, die Aufgabe optimal zu lösen. Das ermöglicht eine Auseinandersetzung auf sachlicher Ebene, statt sie persönlich auszutragen. Die Entscheidung wird auch bei gegenteiliger Einschätzung von beiden vertreten.
Jobsharing kann ein Zukunftsmodell sein, um mehr Frauen für Führungspositionen zu gewinnen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen, auch für Männer. Das würde den Gender Hours Gap verringern und hätte gerade in gut bezahlten Führungspositionen positive Auswirkungen auf den Gender Pay Gap. Das reicht aber nicht, sagt Semiz-Ewald. Die Unternehmenskultur muss sich ändern. Bewusste oder unbewusste rollenstereotype Zuschreibungen hielten sich hartnäckig. Solange es keine Sensibilisierung für Sprüche wie „Sei kein Mädchen!“ oder tradierte Aufgabenzuschreibungen wie „Sitzungsprotokolle schreiben Frauen“ gäbe, solange es eine Frage der Macht und nicht der Sache sei, wie ein Problem gelöst wird, blieben Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert.
Ayse Semiz-Ewald baut Barrieren auf dem Jobmarkt und der Arbeitswelt ab – als Vice President DE&I bei der Deutsche Telekom AG und mit ihrem Start-Up “JobMagnet Karrierecoaching”, einem Safe Space für unterrepräsentierte und marginalisierte Menschen, die sich beruflich verändern wollen. Die Vision der Psychologin: Eine Arbeitswelt, in der das volle Potenzial von allen gesehen, genutzt und geschätzt wird und die Management-Etagen vielfältiger sind, weil alle sieben Dimensionen der Diversität vertreten sind.
Katrin Terwiel ist Vice President DE&I im Jobsharing bei der Deutschen Telekom und setzt sich dafür ein, diese diverser und inklusiver zu machen. Die Wirtschaftspsychologin und Psychotherapeutin bringt Mitarbeitende zur vollen Potenzialentfaltung, fördert damit die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und hat als erfahrene Krisenmanagerin keine Angst vor heiklen Themen. In ihrer Selbstständigkeit setzt sie sich als Coach & Consultant für Vitalität und Vulnerabilität in der Arbeitswelt ein.
– Uta Zech