Die Geburt eines Kindes war lange Zeit der Moment, in dem Frauen ihre Erwerbsarbeit aufgaben und nach der Elternzeitphase in Teilzeit wieder erwerbstätig wurden. Mit negativen Auswirkungen für die Lohnentwicklung im Lebenslauf, ihre Karriere und ihre Rente. Das Elterngeld soll dem entgegenwirken. Ein Überblick über dessen Entwicklung und Potenzial.
Die Geburt eines Kindes war lange Zeit der Moment, in dem Frauen ihre Erwerbsarbeit aufgaben und nach der Elternzeitphase in Teilzeit wieder erwerbstätig wurden. Mit negativen Auswirkungen für die Lohnentwicklung im Lebenslauf, ihre Karriere und ihre Rente. Väter nahmen nur sehr selten Elternzeit. Die gute Nachricht ist: 2007 wurden das Basiselterngeld und 2015 das ElterngeldPlus als Lohnersatzleistungen eingeführt, deren Dauer durch Partner:innenmonate verlängert werden können. Seitdem nehmen mehr Väter Elternzeit und unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit in nennenswertem Umfang oder reduzieren ihre Arbeitszeit. Zwischen 2008 und 2020 ist der Anteil von Vätern, die Elterngeld beziehen, von 21,2 auf 43,7 Prozent gestiegen. Eine paritätische Aufteilung der Elterngeldmonate haben wir noch nicht erreicht.
Positiv ist zu vermerken, dass mehr Mütter vor der Geburt erwerbstätig sind und schneller wieder in die Erwerbstätigkeit zurückkehren, nämlich meist nach dem ersten Geburtstag des Kindes, spätestens aber innerhalb des zweiten Lebensjahres. Mitverantwortlich für den früheren Wiedereinstieg in den Beruf ist der Ausbau von Kindertagesplätzen, wenn auch noch nicht überall genügend zur Verfügung stehen. Die kürzere Unterbrechung der Erwerbsarbeit wirkt sich auch positiv auf die Einkommenschancen von Frauen im Lebensverlauf aus und trägt so zur Verringerung des Gender Pay Gap bei. Durch die Partnerschaftsmonate ist der Anreiz, sich die Elterngeldmonate zu teilen, verbessert worden. Wenn beide Partner:innen Elterngeldmonate in Anspruch nehmen, erhöht sich die Zahl der Elterngeldmonate um den Partnerschaftsbonus. 49 Prozent der Väter nehmen ihre Elterngeldphase gleich nach der Geburt oder im ersten Lebensmonat des Kindes, 10 Prozent im zweiten oder dritten Lebensmonat, die restlichen zwischen dem vierten und dem 13. Das erhöht die Chance, eine aktive Vaterrolle zu übernehmen und eine intensivere Vater-Kind-Beziehung als vorherige Vätergenerationen aufzubauen
Sowohl das Basiselterngeld als auch das ElterngeldPlus haben Potenzial, familiäre und berufliche Aufgaben paritätisch aufzuteilen. Paare, die sich für ElterngeldPlus entscheiden, beziehen doppelt so viele Monate Elterngeld, das dafür nur die Hälfte des Basiselterngeldes beträgt. In beiden Versionen kann entweder nicht oder in Teilzeit bis zu 32 Wochenstunden einer Erwerbsarbeit nachgegangen werden. Im Idealfall ist das monatliche Gesamteinkommen bei ElterngeldPlus sogar höher als beim Bezug von nur Basiselterngeld. Die Partnerschaftsbonusmonate ergänzen die Elterngeldmonate: Wenn beide Elternteile für mindestens zwei bis maximal vier hintereinanderliegende Monate 24 bis 32 Stunden Teilzeit arbeiten, erhöhen sich die Elterngeldmonate, in denen ElterngeldPlus gezahlt wird. Es bestehen viele Kombinationsmöglichkeiten, wer wann erwerbstätig ist und in welchem Umfang. Dafür lohnt es sich, schon vor dem Geburtstermin einen Plan zu machen. Der Elterngeldrechner hilft dabei. Zu beachten gilt auch: Das Elterngeld berechnet sich nach dem durchschnittlichen Nettoeinkommen der letzten 12 Monate.
Wer wie viele Elterngeldmonate nutzt, wird von ganz unterschiedlichen Faktoren beeinflusst: Da das Einkommen von Männern meist höher ist als das von Frauen, nehmen in vielen Heteropaaren Frauen den Großteil der Elterngeldmonate in Anspruch. Tradierte Rollenstereotype unterstützen diese Aufteilung zusätzlich. In modernen Unternehmen, denen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein Anliegen ist, sollte es zur Unternehmenskultur gehören, Väter dabei zu unterstützen, mehr Elterngeldmonate als die Partnerschaftsmonate zu nehmen. Leider ist das in vielen Unternehmen noch nicht selbstverständlich. Flexible Arbeitszeiten oder Arbeiten im Homeoffice, um Arbeitswege zu sparen, unterstützen Mütter und Väter dabei, aus der Erwerbstätigkeit nicht oder nur kurz auszusteigen und gleichzeitig genug Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können. Die bezahlte Freistellung des zweiten Elternteils nach der Geburt des Kindes sowie eine schrittweise Erhöhung der nicht übertragbaren Partner:innernmonate sind notwendige Bausteine, um eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbsarbeit und Care-Arbeit voranzubringen. Es wird dennoch weiter in der Verantwortung der Paare liegen, die Potenziale des Elterngeldes zu nutzen, um familiäre und berufliche Verantwortung partnerschaftlich aufzuteilen. Es lohnt sich für alle!
Anträge können digital gestellt werden:
https://www.elterngeld-digital.de/ams/Elterngeld
Der Elterngeldrechner zeigt, wie Basiselterngeld und ElterngeldPlus kombiniert werden können:
https://familienportal.de/familienportal/rechner-antraege/elterngeldrechner
Elterngeld erhalten:
Alleinerziehende, getrennt Erziehende, Paare (verheiratete oder eingetragene Lebenspartnerschaft) für Adoptivkind, leibliches Kind, leibliches Kind von nur einem der Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner:innen.
Basiselterngeld:
Bezugsdauer: mindestens 2, maximal 12 Monate
Bezugszeitraum: muss innerhalb der ersten 14 Lebensmonate des Kindes bezogen werden
Zusätzlich: 2 Monate, wenn auch der andere Elternteil mindestens 2 Monate übernimmt
Betrag: 300,00 Euro bis 1.800,00 Euro
Partnerschaftsbonusmonate: zusätzlich 2 bis 4 ElterngeldPlus-Monate pro Elternteil, wenn dabei beide zwischen 24 und 32 Wochenstunden Teilzeit arbeiten.
Parallele Erwerbsarbeit: Teilzeitarbeit bis zu 32 Wochenstunden ist möglich. Der Verdienst hat Auswirkungen auf die Höhe des Basiselterngeldes: Genaueres zeigt der Elterngeldrechner.
ElterngeldPlus:
Bezugsdauer: bis zu 22 Monate, wobei die ersten beiden Elterngeldmonate nach der Geburt, die unter den gesetzlichen Mutterschutz fallen, nicht in ElterngeldPlus-Monate umgewandelt werden können
Bezugszeitraum: kann im Maximalfall bis zum 32. Lebensmonat des Kindes genommen werden
Zusätzlich: 2 Basiselterngeldmonate beziehungsweise 4 EltergeldPlus-Monate
Betrag: 150,00 Euro bis 900,00 Euro
Partnerschaftsbonusmonate: zusätzlich 2 bis 4 ElterngeldPlus-Monate pro Elternteil, wenn beide zwischen 24 und 32 Wochenstunden Teilzeit arbeiten.
Parallele Erwerbsarbeit: Teilzeitarbeit bis zu 32 Wochenstunden ist möglich. Der Verdienst hat Auswirkungen auf die Höhe des ElterngeldPlus. Genaueres zeigt der Elterngeldrechner.
Bezugsdauer: zwei bis vier zusätzliche Elterngeldmonate für jeden Elternteil
Bezugszeitraum: zwei bis maximal vier aufeinanderfolgende Monate;
Voraussetzung: beide müssen in diesen Monaten gleichzeitig in Teilzeit 24 bis 32 Wochenstunden arbeiten
Quellen:
FES diskurs: Gerecht, sozial und krisenfest – Reformvorschläge für das Elterngeld, Mai 2022
https://www.fes.de/reform-elterngeld
Destatis: Statistik zum Elterngeld
https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=statistikTabellen&selectionname=22922#abreadcrumb
Matthias Keller, Thomas Körner, 8/2023: Closing the Gap? Erwerbstätigkeit und Arbeitszeiten von Müttern und Vätern nach 15 Jahren Elterngeld; Grafik Seite 93
https://www.destatis.de/DE/Methoden/WISTA-Wirtschaft-und-Statistik/2023/04/erwerbstaetigkeit-arbeitszeit-042023.pdf?__blob=publicationFile
Eltergeld digital, Stand 31.12.2023:
https://www.elterngeld-digital.de/ams/content/Elterngeld/haeufige-fragen-elterngeld#faq2
– Uta Zech