„Wir erreichen mehr Solidarität, wenn wir offen über Geld sprechen” – Interview mit Mareice Kaiser

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Mareice Kaiser arbeitet als Journalistin, Autorin und Moderatorin. Sie scrollt, schreibt und spricht zu Machtverhältnissen, Maloche und Mutterschaft im Kapitalismus. In ihrem aktuellen Buch „Wie viel – Was wir mit Geld machen und was Geld mit uns macht” erzählt sie ihre Geldgeschichte und die von anderen Menschen. Im Interview spricht sie darüber, wieso wir offen über Geld reden müssen.

Foto: Jana Rodenbusch

Warum müssen wir über Geld sprechen?
Geld bestimmt unser Leben in allen Bereichen. Trotzdem ist es tabuisiert, darüber zu sprechen. Dabei muss das Thema Geld dringend enttabuisiert werden. Um mehr Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen, müssen wir über Geld sprechen. Dann wird klar, wie ungerecht Geld verteilt ist.

Was machen intransparente Löhne mit unserer Gesellschaft?
Neid und Missgunst. Meine Erfahrung ist, dass wir mehr Solidarität erreichen, wenn wir offen über Löhne und Gehälter sprechen. Dann merken wir: Wir sitzen alle in einem Boot. Und wir merken, wer nicht mit im Boot sitzt (sehr reiche Menschen).

In deinem Buch „Wie Viel“ hast du mit unterschiedlichen Menschen über Geld gesprochen. Welche Herausforderungen hattest du dabei, Gesprächspartner:innen zu finden?
Es war kein Problem, Menschen zu finden, die mit mir für das Buch über Geld sprechen wollten. Das liegt vor allem daran, dass ich seit Jahren zu Themen sozialer Gerechtigkeit arbeite. Die Menschen haben mir also vertraut, keinen Blödsinn zu machen. Die einzige Herausforderung war, Menschen mit wenig Geld deutlich zu machen, dass ihre Stimme zählt,, Relevanz hat, wert ist, gehört zu werden.

Fehlendes Geld und Scham, Reichtum und Scham – wie hängt das zusammen?
Wir leben in einer Gesellschaft, die von Armut betroffene Menschen verachtet. Das sieht man , wenn Menschen in der Öffentlichkeit über ihre Armut sprechen. Sie bekommen Drohungen und Hass. Wir werden sozialisiert mit dem Trugschluss, es läge an uns, wie viel Geld wir haben. Stattdessen liegt es am Glück unserer Geburt. Aufstieg durch Arbeit, das gibt es nur sehr, sehr selten und immer seltener. Wegen dieser Verachtung gibt es viel Scham rund um Armutsbetroffenheit. Scham für Überreichtum habe ich noch nicht erlebt, würde ich mir allerdings wünschen.

In deinem Buch erwähnst du ein Online-Tool, das die eigene finanzielle Situation ausrechnet und in Klassenkategorien einordnet. Was hast du bei der Nutzung des Rechners herausgefunden?
In das Tool habe ich all meine Zahlen eingetragen und festgestellt, dass meine finanzielle Situation abhängig ist von meiner Mutterschaft. Allein für mich verantwortlich würde ich gut hinkommen mit meinem Geld – gemeinsam mit meinem Kind sieht das schon anders aus. Mutterschaft und vor allem alleinerziehend sein mit Kind oder Kindern ist ein Armutsrisiko in Deutschland.

Wie könnte eine positive Zukunft aussehen, in der Geld nicht mehr tabuisiert wird?
Es wäre eine anti-kapitalistische Gesellschaft. Eine, in der nicht Leistung und Geld die Dinge sind, nach denen wir streben, sondern in der die Sorgearbeit für sich selbst und andere der größte Wert ist. Wie wir mit uns selbst und anderen umgehen, was wir Gutes zur Gesellschaft beitragen. 

Dieser Text ist ursprünglich im Februar 2025 erschienen.

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