„Alien: Romulus“ ist gerade in die Kinos gekommen. Zeit, nochmal einen Blick auf James Camerons zweiten Teil der Alien-Reihe aus dem Jahr 1986 zu werfen, der vollkommen zu Recht ein cineastischer Klassiker ist – mit einer weiblichen Action-Ikone im Mittelpunkt.
Ein Sequel muss größer, lauter, „mehr“ sein. Das trifft auch auf „Aliens“ zu: mehr Aliens, mehr menschliches Personal, das nach und nach verspeist oder weiterverarbeitet werden kann, mehr Action. „Aliens“ ist gleichzeitig auch ein Shift in ein anderes Genre, vom Space-Body-Horror hin zum Action-Horror. Vor allem ist Aliens aber die Geschichte einer Mutter im Kampf gegen die Mutter einer anderen Spezies.
Als Ellen Ripley (Sigourney Weaver) nach den Geschehnissen von „Alien“ (1979) aus dem Hyperschlaf geweckt wird, sind 57 Jahre vergangen; nur durch Zufall ist sie in ihrer Rettungskapsel überhaupt gefunden worden. Zur Arbeit auf dem Transporterschiff Nostromo (dessen Bordcomputer „Mutter“ hieß) war sie aufgebrochen mit dem Ziel, zum elften Geburtstag ihrer Tochter Amanda wieder zurück auf der Erde zu sein. Und nun ist Amanda nicht nur in ihrer Abwesenheit erwachsen geworden und hat geheiratet, sondern ist auch gestorben.
Schon in Alien hatte Ripley alles getan, um zumindest ein Leben zu retten: den Schiffskater Jonesy, den sie teilweise wie ein Kind im Arm hält und nie zurücklässt. Durch den Tod ihrer Tochter bildet sie in Aliens eine starke Bindung zur kleinen Newt (Caroline Marie Henn), die wiederum ihre gesamte Familie durch die Aliens verloren hat. Ripley ist umgeben von Marines: bis auf Vasquez alles Männer, bewaffnet bis an die Zähne. Und doch ist sie diejenige, die unerschrocken mitten in das Nest der Aliens zurückkehrt, um Newt zu retten – vielleicht auch stellvertretend für ihre eigene Tochter, deren Leben sie verpasst hat.
Mit der Alien-Königin und Nest-Mutter schließt sie mit dem Flammenwerfer in der Hand zunächst nonverbal und speziesübergreifend einen Pakt: Du lässt mein Kleines in Ruhe und ich dafür deine. Die deutsche Übersetzung von Ripleys „Get away from her, you bitch!“ im legendären finalen Kampf zwischen den beiden Müttern trifft es leider nicht so gut. Probieren wir es mit „Weg von ihr [Newt], du Miststück!“… nein, es klingt einfach nicht.
Sigourney Weavers Ripley ist eine weibliche Action-Ikone, die ihre Kraft und ihren Mut in einer Extremsituation auch aus ihrer Mütterlichkeit heraus bezieht. Eine Heldin, die sich in einer absolut männergeprägten Gruppe hervortut; auch das Alien selbst, der Xenomorph, hat eine schwer zu übersehende Phallus-Optik. Aber allein über das psychosexuelle Design der Alien-Filme ließe sich ein sehr langer Beitrag schreiben… Geburtsneid hier und da, ganz sicher Geburtsangst, vaginale Face-Hugger und Schwängerung durch einen in den Menschen eingeführten Schlauch… jetzt bin ich abgeschweift.
Ripley ist knallhart, weil sie weich ist. Mal sehen, wie sich die Crew in Romulus schlagen wird. An diejenigen, die schon im Vorfeld gemotzt haben, dass da ja nur „Kinder“ mitspielen: Sigourney Weaver war gerade mal 28, als sie das Alien das erste Mal besiegt hat 😉
– Natascha Heinisch
Foto: 1986, Twentieth Century Fox