Louisa May Alcotts Roman „Little Women“ (1868/69) durfte schon viele filmische Umsetzungen erleben. Die eine Variante, die alles an der richtigen Stelle beibehält oder passend abwandelt, gibt es noch nicht. Zum Glück! Denn so dürfen wir uns noch auf hoffentlich viele weitere Adaptionen und an vielen Aspekten der unterschiedlichen Verfilmungen freuen.
„Betty und ihre Schwestern“ (1994) gibt der wundervollen Winona Ryder mit Gabriel Byrne einen Prof. Bhaer an die Seite, wo der Altersunterschied aus der Romanvorlage zwar beibehalten wird, die Chemie aber trotzdem spür- und nachvollziehbar ist. „Vier Schwestern zu Weihnachten“ (2012) überrascht mit dem erfrischenden Twist, dass Betty (ja, hier darf sie mal leben!) aufbegehrt und sich entgegen dem Wunsch ihrer Schwestern nicht an der Musikhochschule bewirbt, sondern ihr Leben in die Hand nimmt und nach eigenem Wunsch gestaltet.
Weniger bekannt – und das wollen wir ändern – ist die britische Miniserie „Little Women“ von Heidi Thomas (Buch) und Vanessa Caswill (Regie) aus dem Jahr 2017. Sie schenkt uns die unvergleichliche Emily Watson als Marmie, die ihre jüngste Tochter bis zum Schluss in verletzlicher Stärke begleitet und der sonst so blassen, engelsgleichen Betty am Ende sogar noch ihrer eigenen, unerkannten Stärke versichert. Willa Fitzgerald ist eine Meg, die endlich mal nicht nur die „schöne Langweilige“ ist. Ihr schwieriges Leben als junge Mutter mit einem eher unnützen, wenn auch freundlichen Ehemann wird greifbar. Und Maya Hawke ist vielleicht „die“ Jo March bis dato (sorry, Saoirse Ronan!).
Regisseurin Greta Gerwig hat mit ihrer Verfilmung von 2019 vieles gleichzeitig richtig gemacht: Endlich trägt Mutter Marmie ihr Los als de facto alleinerziehende Mutter von vier Mädchen nicht mit heiligenhafter Grazie, sondern darf ihre Wut verbalisieren. Zwei Zeitebenen stellen die jungen, hoffnungsvollen Mädchen den erwachsenen, teilweise desillusionierten Frauen eindrücklich immer wieder gegenüber. Vor allem aber hat Gerwig ihrer Protagonistin Jo mit ihrem Ende die Version ermöglicht, die die Autorin selbst wohl am meisten gemocht hätte: Alcott hatte sich für die rebellische Jo (wie für sich selbst) ein Leben als Autorin gewünscht – auch ohne Mann oder männliche Nachkommen –, aber der Verlag wollte es anders. Gerwig findet durch die Verschmelzung des Charakters der Jo mit der Autorin Alcott die Balance, die beides kann: heiraten, Kinder bekommen, eine Schule für Kinder führen UND die alleinstehende Autorin sein, deren Baby das Buch ist, das sie am Ende lächelnd in Händen halten darf. Wie gesagt: Es gibt an so vielen Umsetzungen Schönes mitzuerleben.
– Natascha Heinisch
Foto: Playground Television