Wir wollen in unserem Podcast darüber sprechen, was passieren muss, damit in Deutschland Frauen und Männer für gleiche und gleichwertige Arbeit endlich auch gleich bezahlt werden.
Wie stellen wir die Weichen auf gerechte Bezahlung in der Arbeitswelt von morgen? Wie schaffen kürzere Arbeitstage gleiche Karrierechancen für Frauen und Männern? Was erfahren wir aus den Drehbüchern für Filme und Serien über unsere Vorstellungen von der Arbeit? Und wie wird IT inklusiv? Das alles wollen und noch viel mehr wir mit diesem Podcast herausfinden.
Wir freuen uns, wenn Ihr Mal reinhört! Garantiert ohne Kater danach!
Alle Folgen hier.
Natascha Heinisch:
Am 4. März 2023 hat der Equal Pay Day Zukunftskongress stattgefunden, und zwar in Kooperation mit dem Deutschen Kulturrat. Das Ganze war in Berlin, genauer gesagt in Kreuzberg und da im Better Place Umspannwerk, im BUM. Das war mein erster Kongress im Rahmen der Kampagne und ich muss zugeben, ich war vorher total aufgeregt, wie der Tag wohl verlaufen wird, weil bei so einem Kongress gibt es eine Moderation, dann gibt es die Referent: innen, Catering, aber auch Kinderbetreuung und die Technik und dann hatten wir auch noch einen Poetry Slam. Und da kann man vorher schon manchmal das Gefühl haben oh je, wenn da jetzt ein einzelnes Puzzleteil nicht stimmt, dann fällt nacheinander alles wie bei so einem Domino-Effekt, hintereinander wieder zusammen. Aber glücklicherweise war das alles nur mein Kopfkino und anstatt dass klack, klack, klack alles ineinander umgefallen ist, haben alle Hände immer an der richtigen Stelle ineinander gegriffen, wie bei einer Hebefigur im Tanz. Und am Ende waren wir alle verschwitzt, aber auch wahnsinnig zufrieden. Um Tanz nicht im übertragenen Sinne, sondern im wörtlichen Sinne wird es auch in der heutigen Folge gehen, weil wir nämlich im Rahmen unseres Kampagnenthemas „Die Kunst der gleichen Bezahlung“ heute mit einer Tänzerin sprechen werden. Sie kommt aus dem wunderschönen Lüneburg und ich begrüße heute bei uns Claudia Rietschel, hallo!
Claudia Rietschel:
Hallo, ich freue mich, bei Ihnen zu sein.
Natascha Heinisch:
Ich freue mich auch total, dass wir heute den Bereich Tanz einmal hier bei uns haben, weil der Bereich Tanz so was ist, wo, ich glaube, viele von unseren Zuhörerinnen und Zuhörern, mich eingeschlossen, gar keine so richtige Vorstellung von haben. Also meine Erfahrung mit dem Tanz beschränkt sich auf vier unerfolgreiche Jahre im Ballett im Alter von sechs bis zehn Jahren und danach im Anschluss so Filme wie Black Swan kennen wahrscheinlich die meisten, der so den Tanz abdeckt und ich glaube, dass bei vielen dann so der Eindruck entsteht na ja, der Tanz, das sind Leute, die sich ganz arg schinden müssen, die nie was essen dürfen, die ihren Körper kaputt machen müssen, die ganz jung dann auch nicht mehr arbeiten können. Und dass das in der Oberfläche das ist was die allermeisten mit dem Tanz verbinden und deswegen freue ich mich, dass wir heute jemanden hier haben, der da wirklich drin ist und der da auch was zu sagen kann, wie das wirklich ist. Was sollten unsere Zuhörer, Zuhörerinnen denn wissen, wenn es den Bereich Tanz geht? Wie ist das Leben im Tanz wirklich?
Claudia Rietschel:
Also es ist nicht ganz so dramatisch, wie die meisten sich das vorstellen. Es ist herausfordernd, es ist anstrengend. Wir müssen schon gucken, dass wir unser Gewicht halten auf den Körper achten. Aber wenn man im Training ist, kann man trotzdem essen, weil man ist im ständigen Training, man verbrennt, man braucht Energie und von daher essen die Tänzer auch und manchmal reichlich. Ja, bei mir in der Kompanie, wir sind eine kleine Kompanie von elf Tänzern. Man achtet da drauf, was man isst, aber wir essen auch gut. Gut und gerne.
Natascha Heinisch:
Was wäre denn so ein Tipp, den Sie hätten für junge Tänzer, junge Tänzerinnen, die überlegen, soll ich diesen Weg einschlagen oder nicht? Was hätten Sie gerne am Anfang Ihrer Karriere für eine Unterstützung gehabt von außen und was würden Sie jetzt jungen Leuten mitgeben, die damit anfangen wollen, in den Tanz beruflich einzusteigen?
Claudia Rietschel:
Also auf alle Fälle braucht man Willensstärke, dass man diese intensive Arbeit, Körperlichkeit, dass man das möchte. Und es wäre schön, wenn man ein Potenzial an Leidenschaft mitbringt, weil ich glaube, das ist ganz wichtig, vielleicht diese harten Strecken durchzuhalten, die in der Ausbildung zum Beispiel auch mit dabei sind und ja, Freude und es wäre gut, eine Unterstützung von Eltern, von Freunden zu haben. Und was ich mir damals gewünscht hätte, dass ich zu Schulzeiten, wo ich noch in der Ausbildung war, dass man da ein bisschen besser darauf vorbereitet wird, wie es im Theater ist. Weil Schule und Theater zu meiner Zeit war das anders einfach. Und ich hätte mir gewünscht, ein bisschen mehr Vorbereitung zu haben, dass man vielleicht mal ins Theater geht, da zwei, drei Tage mitläuft, wie sich das anfühlt, wie der Tagesablauf ist. Das ist schon ein kleiner Unterschied zur Schulausbildung. Das hätte ich mir gewünscht. Das hätte mir einiges erleichtert, aber man wächst da rein. Man kommt da eigentlich relativ schnell rein. Wenn man tolle Kollegen hat, die einen da unterstützen und mitnehmen, dann kommt man da relativ schnell rein.
Natascha Heinisch:
Es war quasi zu Ihren Zeiten eher so ein Stoß ins kalte Wasser und es wäre schöner gewesen, wenn man so ein bisschen nach und nach da eher angekommen wäre, man schafft es auch so, aber wenn man so ein bisschen näher an der Praxis oder am Alltag, im Tanz, schon vorher hätte einsteigen können, dann wäre es so ein bisschen angenehmer vielleicht. Dann wäre der Kulturschock nicht ganz so groß gewesen.
Claudia Rietschel:
Ja, es wäre etwas leichter gewesen. Ich glaube, dass die Schüler, die jetzt an der Ballettschule sind, auch mehr Aufführungen haben schon in den Theatern. Es gibt auch junge Kompanien, die, ich sage jetzt mal, Vorbereitung machen Da gibt es mittlerweile schon … Sind die da schon weiter.
Natascha Heinisch:
Sie haben ja auch einen Sohn. Würden Sie dem raten, also wenn er sagt, ich möchte Tänzer werden, würden Sie ihm dazu raten oder eher nicht? Und warum?
Claudia Rietschel:
Das kann ich gar nicht genau sagen. Wenn er den Wunsch hat, Tänzer zu werden, dann würde ich ihn unterstützen mit allem, was ich habe, mit meinem Wissen. Ich würde ihm aber auch nicht abraten, weil es ist ein toller Beruf und wenn er merkt, er hat diese Leidenschaft und er möchte das auch machen, dann soll er das ausprobieren. Ich würde auch jedem raten, der das gerne möchte, soll es ausprobieren. Und wenn man merkt, okay, ist es doch nicht das, das ist zu hart für mich, dann kann man immer wieder aufhören.
Natascha Heinisch:
Ja, ich glaube, das ist so ein ganz wichtiger Punkt, dass man oft das Gefühl hat, das ist immer alles so endgültig. Wenn ich das jetzt anfange, dann muss ich das jeden Preis bis zum Ende durchziehen, anstatt zu sagen, ich probiere es mal, ich möchte das, aber ich kann auch merke, das war gar nicht der Weg. Und dann ist es auch okay zu sagen, ich gehe jetzt doch rechts ab, obwohl ich dachte, ich wollte links gehen. Und ich glaube, das ist ganz wichtig, weil das ganz viel Druck auch rausnimmt. Das muss dann klappen und jetzt habe ich doch schon… und bin ich dann eine Versagerin, wenn ich das jetzt nicht bis zum Ende durchmache, dass man sich da nicht quält, wenn man merkt, das ist nicht das Richtige.
Tänzerin mit Kind, das ist auch ein ganz wichtiges Thema, das wir heute besprechen wollen. Welche Gedanken hatten Sie denn so in der Schwangerschaft bezogen auf das Mutter-Sein, gleichzeitig Tänzerin und was von den Gedanken, Befürchtungen vielleicht oder auch Annahmen, was davon hat sich bewahrheitet und was hat sich vielleicht ganz anders herausgestellt am Ende in der Realität?
Claudia Rietschel:
Also mein erster Gedanke war, wie verändert sich mein Körper? Werde ich die Figur wieder haben wie vorher? Dann war mein Gedanke: Schaffe ich beides unter einen Hut zu bekommen, Kind und zu tanzen und auch, ob ich überhaupt wieder auf die Bühne kann. Das waren so die Gedanken während der Schwangerschaft. Nach der Schwangerschaft war ich überrascht, dass der Körper wieder so geworden ist, wie er vorher war, natürlich mit kleinen Veränderungen. Und vom Tanzen her, muss ich sagen, hat mich es eher weitergebracht, weiterentwickelt und bewusster auch. Und ich nehme die Sachen intensiver mit und gehe auch intensiver rein. Eigentlich war die Schwangerschaft – nicht eigentlich, sie war positiv. Und ja, es ist eine Herausforderung mit Kind und Beruf das zu vereinbaren, aber es ist alles eine Frage der Organisation.
Natascha Heinisch:
Als Ihr Sohn dann ganz klein war, wie war gerade die erste Zeit mit so einem kleinen Kind als Tänzerin? Wie haben Sie sich da gefühlt? Vielleicht können Sie uns da mitnehmen in Ihr Empfinden damals.
Claudia Rietschel:
Ich hatte sehr oft ein schlechtes Gewissen, ob ich genug für meinen kleinen Sohn da bin. Ich bin im Theater, mache meins, was ich liebe und der Kleine ist zu Hause und ist in fremder Betreuung, wenn der Papa nicht auf ihn aufgepasst hat. Da hat mir oft mein Herz geblutet und ich habe mit mir gekämpft, war innerlich zerrissen. Ist das richtig so? Darf ich das so machen? Darf ich meinen Herzensberuf weitermachen oder muss ich mich… – nein, „opfern“ ist falsch gesagt. Ja, für meinen Sohn da sein. Ist das erlaubt? Diese Zerrissenheit, diese Gedanken hatte ich in den ersten Jahren, weil die auch sehr wichtig und prägend sind für die Kinder. Da war ich so ein bisschen im Zwiespalt mit mir.
Natascha Heinisch:
Wie konnten Sie das oder konnten Sie das im Laufe der Zeit dann auflösen, wenn Sie jetzt zurückschauen, weil er jetzt schon ein bisschen größer ist?
Claudia Rietschel:
Das ist eine Arbeit, die ich an mir gemacht habe, dass ich mich damit beschäftige gesucht habe, gedanklich und mir gesagt habe, das ist in Ordnung. Man sagt ja, wenn die Mama glücklich ist, dann ist auch das Kind glücklich. Und wenn ich ausgeglichen bin und zufrieden bin, dann übertrage ich das natürlich auf meinen Sohn. Und das habe ich mir dann halt immer wieder gesagt und eben das gelebt, versucht zu leben. Und je älter die Kinder wären, desto mehr Selbstständigkeit erlangen sie. Und dann, dann sieht man das, dann relativiert sich das ein bisschen. Dann nimmt man das etwas entspannter, also zumindest ich.
Natascha Heinisch:
Wie kann ich mir jetzt den Alltag, die Sorgearbeit für das Kind und den Tanz … Wie kann man sich das vorstellen? Wie organisiert eine Mutter, die Tänzerin ist, ihren Alltag bei den Proben? Wie ist das in der Praxis?
Claudia Rietschel:
Mein Sohn geht jetzt zur Schule und vorher war er in der Kita. Das beginnt ja alles vor dem Training, das ist ganz gut. Und dann kann man ihn ganz entspannt abgeben und im Kindergarten war es so, dass ich ihn um zwei abholen konnte. Wir hatten immer bis zwei Probe und ich hatte das Glück, dass der Kindergarten gleich nebenan war, sodass ich wirklich in Trainingsklamotten rüber gerannt bin und ihn abgeholt habe. Das war sehr praktisch. Dann haben wir den Nachmittag zusammen verbracht und 18 Uhr ging es dann wieder zur Probe. Entweder hat dann der Papa auf den Sohn aufgepasst oder aber, wenn wir beide Probe haben, weil mein Lebenspartner arbeitet auch am Theater, hatten wir eine Kinderbetreuung, die dann auf ihn aufgepasst hat.
Natascha Heinisch:
Ist das was, was Sie alles selber organisiert haben oder ist in Ihrem Fall die Kinderbetreuung auch was, was vom Theater, von der Arbeitgeberin mit gedacht wird? Oder ist das eher was, was man noch selber sich suchen muss?
Claudia Rietschel:
Nein, man muss sich das alles selber organisieren und selber besorgen. Also der Kindergarten, da gibt es ja vom Staat die Möglichkeit, dass man die Kinder ab drei in den Kindergarten geben kann und vorher natürlich auch in die Krippe, wenn man das möchte, oder mit der Tagesmutter. Wir hatten eine Tagesmutter. Und dann die Babysitterin oder Betreuerin, die mussten wir uns dann suchen, selber suchen. Das wird nicht vom Theater gestellt. Unser Theater ist relativ klein und von daher gibt es da kein extra, dass dann eine Betreuung vom Theater aus organisiert wird für die Theaterkinder. Das gibt es bei uns nicht.
Natascha Heinisch:
Wie waren denn sonst so die Reaktionen im Theater, also einmal auf die Schwangerschaft jetzt bei Ihnen und vielleicht auch im Vergleich, wenn Sie dazu was sagen können, bei den Choreografen oder bei den männlichen Tänzern, wenn die Väter werden. Wie sind da die Reaktionen? Unterscheiden die sich? Ob das jetzt von einem Mann, der tanzt, oder einer Frau, die tanzt, kommt?
Claudia Rietschel:
Da gibt es eigentlich keine Unterschiede und ich hatte nur positive Reaktionen. Es kam an auch was hinzu, weil gerade als ich schwanger war, hatten wir einen Chefwechsel und ich hatte noch nicht so lange gearbeitet mit unserem Chef und da war ich mir halt ein bisschen unsicher, okay, wie wird der jetzt reagieren? Aber zu meiner Erwartung war er sehr positiv und fand das gut und hat mich da auch unterstützt. Und dadurch war ich etwas erleichtert und konnte das dann auch genießen. Und von den Kollegen gab es nur positive Rückmeldung. Sie waren halt mit dabei und haben das miterlebt, die Schwangerschaft. Und wenn Tänzer, Väter werden, dann ist das auch schön. Die haben halt nicht, dass sie zu Hause bleiben müssen, weil meistens bleibt ja die Mutter zu Hause die erste Zeit und dadurch können die Väter, die Tänzer sind, zur Arbeit kommen. Das ist für den Arbeitgeber dann nicht so ein großer Einschnitt. Natürlich gibt es bei uns auch Leute, die ihre Elternzeit genommen haben – von den Schauspielern, weiß ich, und von einem Techniker, die haben das genommen. Das ist auch kein Problem. Dann organisiert man jemand anderen, der die Aufgabe übernimmt.
Natascha Heinisch:
Ein ganz wichtiger Punkt, über den wir immer reden, ist auch natürlich das Gehalt Gehaltstransparenz. Wie kann ich mir das an öffentlichen Theatern oder auch jetzt Ihrer Erfahrung nach vorstellen? Nach welchen Kriterien wird man bezahlt als Tänzer oder als Tänzerin? Wie muss ich mir die Kriterien vorstellen und wie transparent sind die?
Claudia Rietschel:
Bei uns am Theater ist es so: Wir haben einen Haustarif und es werden alle gleich bezahlt, also von den Tänzern. Es gibt Unterschiede in den Sparten, aber bei den Tänzern werden alle gleich bezahlt. Ich weiß, dass an großen Häusern da Unterschiede gibt. Die haben Staffelungen, zum Beispiel wenn eine Tänzerin länger als, ich glaube, sechs Jahre am Haus ist, dass sie dann noch mal ein extra Geld kriegt. Das gibt es aber bei uns nicht. Ich habe das damals versucht zu erfragen, ob die Möglichkeit besteht, aber es wurde abgelehnt. Also es kriegen alle das Gleiche, egal ob man eine junge Tänzerin ist oder ein junger Tänzer oder ein Älterer, eine Ältere. Ja, Transparenz gibt es bei uns nicht. Wir dürfen gar nicht über unsere Gehälter reden, was wir verdienen. Einige machen das trotzdem. Also jetzt bei uns im Ensemble unterhält man sich darüber, nicht ausführlich, aber der eine oder andere unterhält sich darüber. Aber so spartenübergreifend spricht man nicht darüber, weil es uns eigentlich auch untersagt ist.
Natascha Heinisch:
Sie wissen, wir kriegen alle das Gleiche, aber Sie untereinander wissen vielleicht schon, was das dann ist. Aber im Vergleich zu anderen Theatern redet man dann nicht darüber. Vielleicht können Sie auch zu den Sparten noch mal was… also welche Art von Tanz oder wo bestehen diese Gehaltsunterschiede mit den Sparten?
Claudia Rietschel:
Mit Sparten meine ich Musik, Theater, Schauspiel, Orchester. In der Regel verdient die Orchester-Sparte am meisten, weil die haben auch wirklich gute Verträge und sind da auch immer sehr in der Gewerkschaft aktiv. Also die haben da eine richtig starke Lobby. Da gibt es halt Unterschiede. Das sind die verschiedenen Sparten und da gibt es Unterschiede. Und natürlich auch, Solisten kriegen oft auch mehr Gehalt. Bei uns in der Kompanie sind alle gleichgestellt. Da gibt es keine Solisten. Wir sind alle irgendwie Solisten, also kriegen wir alle das gleiche Gehalt. Und ob man sich mit anderen Theatern unterhält… es kommt vor, dass wenn man einen Kollegen hat, der weggegangen ist an ein anderes Theater, dass man dann fragt, du, wie viel verdienst du denn? Dass man weiß, okay, was kriegen die da im Theater? Aber es passiert relativ selten, weil man kommt nicht so oft mit anderen Theatern zusammen. Zum Beispiel, wir haben öfter mal so eine Gala, wo viele verschiedene Tänzer kommen und da passiert es schon, dass man sich dann mal unterhält über das Gehalt.
Natascha Heinisch:
Dass Sie sich über Gehalt unterhalten, da haben wir auch eine eigene Folge dazu, wie viel Hemmungen man auch hat, über Geld zu sprechen. Und wenn Sie jetzt sagen, es ist auch teilweise verboten, darüber zu sprechen, liegt es teilweise dann an der Lobbyarbeit sozusagen, die Orchester haben die bessere Lobby, deswegen haben die die besseren Verdienste, weil die sich anders organisiert haben. Und wenn es für den Tanz eine ähnlich geartete Organisation gäbe, könnte man da was machen? Oder was meinen Sie, was da der Grund für ist?
Claudia Rietschel:
Das ist eine gute Frage. Ich kann die Frage nicht ganz genau beantworten. Ich glaube, das hat was geschichtlich zu tun mit Orchester. Die waren schon immer sehr stark und da sehr hinterher, dass sie ihre Rechte vertreten. Mittlerweile gibt es im Tanz das auch und es wird aufgebaut. Es ist aber noch nicht so etabliert, dass man gehört wird, dass man ernst genommen wird. Es wird immer so ein bisschen stiefmütterlich behandelt, aber es gibt so eine, die heißt Dancers Connect. Das sind so eine Gruppe von Tänzern, die sich zusammengeschlossen haben und die da dran sind, das mehr zu etablieren denn, dass wir mehr auf unsere Rechte bestehen, dass wir aufmerksam machen, dass man uns nicht immer so unterbuttern kann.
Natascha Heinisch:
Meine nächste Frage ist eine sehr große Frage und einen Teil davon haben Sie jetzt schon angesprochen: Was kann denn ein einzelner Mensch tun, für faire Bezahlungen einzutreten, speziell im Bereich Tanz? Und was müsste vielleicht von außen, von der Politik her, gemacht werden, damit das fairer abläuft?
Claudia Rietschel:
Man muss da drüber sprechen. Man sollte auf sich aufmerksam machen, eben in Gewerkschaften gehen und dafür kämpfen, dass man gleichgestellt wird. Und die Politik sollte gut hinhören, besser hinhören, offene Ohren haben und das auch umsetzen und nicht immer so Ausweichsachen machen, die nur so halb zufriedenstellend sind, weil die Kultur ist einfach wichtig und die Menschen brauchen das, obwohl sie denken, die Politiker, dass sie das nicht brauchen. Aber ich glaube, es ist wichtiger als manche andere.
Natascha Heinisch:
Da wir das Thema Kunst jetzt hier haben in dieser Kampagne, ist uns auch ganz wichtig, dass wir Künstlerinnen auch sichtbar machen und dann frage ich immer alle meine Gäste und Gästinnen: Was ist denn zum Beispiel ihr liebster Song von einer Sängerin, den sie empfehlen?
Claudia Rietschel:
Die Songs, die ich mag, die sind, glaube ich, schon tot. Ich liebe den Song von Édith Piaf, Je ne Regrette Rien. Und ich liebe auch Nina Simon, Feeling Good. Von den neueren Sängerinnen muss ich leider passen.
Natascha Heinisch:
Das Gleiche: Gibt es vielleicht Lieblingsbücher oder ein Lieblingsgedicht von einer Autorin?
Claudia Rietschel:
Also ich mag sehr gerne Gedichte von der Mascha Kaléko. Die hat sehr, sehr schöne Gedichte geschrieben.
Natascha Heinisch:
Das Wichtigste ist aber bei unserem heutigen Podcast natürlich der Tanz. Und da sind wir wieder am Anfang. Ich kenne mich mit Tanz leider gar nicht aus, aber welche weibliche Geschichte aus dem Tanz ist denn eine Geschichte, die eigentlich jeder mal gesehen haben sollte?
Claudia Rietschel:
Das ist die Pina Bausch. Die war eine ganz tolle Persönlichkeit und es gibt schon etliche Filme von ihr, aber sie ist sehr inspirierend. Ich mag ihre Choreografien, ihre Stücke, die sie kreiert hat. Die sind schon sehr besonders und für einen Tänzer sehr inspirierend. Ich habe erst letzte Woche einen Film von ihr gesehen, „Dancing Pina“ hieß der, wo zwei Kompanien alte Choreografien von ihr wieder aufgenommen haben. Und die Tänzerinnen und Tänzer, die damals in ihrer Kompanie waren, die haben den zwei Kompanien das beigebracht und diese ganzen Emotionen und dem Bewegungsstil, den Pina so wichtig war, vermittelt und versucht, aus den Leuten herauszubekommen. Das war sehr spannend und das war sehr schön zu sehen und zu hören, was sie erzählt haben. Und ja, die ist so eine Ikone. Sie ist toll, die Frau.
Natascha Heinisch:
Ja, super. Das ist ein Tipp, den ich für mich auf jeden Fall auch mitnehmen werde, weil wie gesagt, der Bereich Tanz ist so ganz weit entfernt vom täglichen Leben, aber auch haben wir uns wirklich sehr gefreut, dass wir da heute einen Einblick bekommen. Jetzt haben wir natürlich noch unsere Abschlussfrage, die wir allen unseren Gästen und Gästinnen stellen. Dazu kommt jetzt erst mal unser wunderschöner Einspieler: Was bringt dich aktuell zum Fauchen und was bringt dich zum Schnurren beim Thema equal pay?
Claudia Rietschel:
Zum Fauchen dringt mich, dass es nach wie vor Ungleichheiten gibt in der Bezahlung zwischen Mann und Frau und zum Schnurren, dass aber genügend Leute dafür kämpfen und dabei sind, das zu ändern.
Natascha Heinisch:
Ein sehr schönes Abschlusswort.
Ich habe gleich ganz viele Inspirationen schon bekommen aus diesem Podcast und auch ganz viele Fragen, die ich dann für mich selber durch Recherche beantworten möchte. Ich könnte mir vorstellen, dass die Leute, die uns zuhören, vielleicht auch Fragen haben. Wenn ihr welche habt, dann schreibt uns sehr gerne an info@equalpayday.de und wie immer dürft ihr uns gerne folgen in den Social Media, wo wir unterwegs sind mit dem Hashtag epd. Und dann sage ich vielen Dank, Claudia und vielen Dank euch allen fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal hoffentlich. Macht’s gut. Tschüss.
Claudia Rietschel:
Tschüss.