Wir wollen in unserem Podcast darüber sprechen, was passieren muss, damit in Deutschland Frauen und Männer für gleiche und gleichwertige Arbeit endlich auch gleich bezahlt werden.
Wie stellen wir die Weichen auf gerechte Bezahlung in der Arbeitswelt von morgen? Wie schaffen kürzere Arbeitstage gleiche Karrierechancen für Frauen und Männern? Was erfahren wir aus den Drehbüchern für Filme und Serien über unsere Vorstellungen von der Arbeit? Und wie wird IT inklusiv? Das alles wollen und noch viel mehr wir mit diesem Podcast herausfinden.
Wir freuen uns, wenn Ihr Mal reinhört! Garantiert ohne Kater danach!
Alle Folgen hier.
Natascha Heinisch:
Vor mittlerweile einigen Jahren war ich in Nürnberg auf einem Konzert von a-ha. Und ganz selbstverständlich habe ich angenommen, dass ich da auf jeden Fall ein ganz junger Hüpfer sein werde unter all den Menschen, die in den 80ern, als ich quasi ein Fötus war, schon alt genug waren, um a-ha in real time miterleben zu können.
Aber nix da! Natürlich waren da sehr viele, wahrscheinlich mehrheitlich Gen X Personen auf dem Konzert, aber ich war mitnichten ein junges Bambi auf dieser Konzertwiese, sondern es waren sehr viele, wirklich sehr junge Menschen dabei und alle gemeinsam haben wir ein wunderbares Konzert genossen. Da lag ich mit meiner Vorannahme also komplett falsch, genauso wie wahrscheinlich viele mit ihrer Annahme „alle Banken sind soundso“ falsch liegen werden, wenn sie unsere heutige Folge anhören, denn heute spreche ich mit Katrin Schwerdtner von Tomorrow. Hallo Katrin, schön dass du da bist!
Katrin Schwerdtner:
Hallo Natascha. Ich freu mich sehr, dass ich dabei sein darf.
Natascha Heinisch:
Bevor wir in die Tiefe gehen: Aus der Hüfte geballert für die, die uns zuhören, wer bist du und was machst Du? Persönlich und gerne natürlich dann auch arbeitsmäßig, aber auch einfach, wer bist Du als Mensch?
Katrin Schwerdtner:
Ja, ich versuch das ganz kurzzufassen: Ich bin Katrin Schwerdtner. Ich hab meinen Berufsweg mal begonnen im Konzernumfeld, war danach mehrere Jahre selbstständig als Personalerin tätig. Und mittlerweile bin ich seit 2019 bei der Tomorrow GmbH, mittlerweile als Director People and Organisation. Ich bin zweiundvierzig Jahre alt, ich lebe auf Fehmarn, arbeite also größtenteils remote.
Ich habe einen Hund und bin deshalb ganz viel in der Natur unterwegs. Und ja, hauptsächlich beschäftige ich mich mit der Frage, wie weit eigentlich die soziale Verantwortung von Unternehmen greifen kann oder muss und versuche, das ganz praktisch in meinem Arbeitskontext mitunterzubringen.
Natascha Heinisch:
Da waren schon ganz viele ganz interessante Sachen dabei. Wir fangen erst mal grundständig an, was macht denn die Tomorrow GmbH für diejenigen, die da noch nie was von gehört hat?
Katrin Schwerdtner:
Ja, wir sind ein nachhaltiger Bankinganbieter. Das heißt, wir bieten ein digitales Girokonto an. Das hat eine ganz schicke Karte, kann aber ansonsten komplett über das Smartphone bedient werden. Und wir möchten dadurch Menschen dazu befähigen, mit ihren Finanzen, mit ihrem Geld Gutes zu bewegen. Das heißt, die Einlagen unserer Kundinnen, die investieren wir konsequent in nachhaltige Industrien und, ja, versuchen darüber, das Thema nachhaltige Finanzen wirklich ins Zentrum der Gesellschaft zu rücken.
Und diesen Anspruch an Nachhaltigkeit, den haben wir in unserem Geschäftsmodell auf allen Ebenen verankert. Also auf der einen Seite sind das unsere Kund:inneneinlagen, die wir nachhaltig investieren. Wir haben aber auch einen nachhaltigen Investmentfond, in dem unsere Kund:innen Geld anlegen können. Und ja, also natürlich gilt der Anspruch auch an unsere Personalarbeit. Also wir versuchen, uns eben auch mit allen Arbeitsabläufen nachhaltig aufzustellen, einen nachhaltigen Umgang mit Performance zum Beispiel auch zu etablieren.
Wir machen uns stark für Gleichbehandlung und ja, möchten Disparitäten entgegenwirken. Und wo könnte man das besser, wenn nicht in der Vergütungsstrategie?
Natascha Heinisch:
Du bist jetzt Director of… und dann war’s, es war nicht mehr das, was ich noch im Hinterkopf hatte „People and Culture“, sondern du hast ja eine andere Jobbezeichnung.
Katrin Schwerdtner:
Genau, ich bin Director People and Organisation.
Natascha Heinisch:
Organisation, genau.
Katrin Schwerdtner:
Und im Grunde verantworte ich im Grunde die strategische Führung der Bereiche und IT. Und arbeite dafür ganz eng mit unserer Unternehmensführung zusammen und stelle sicher, unsere Werte, unsere Kultur, unsere Struktur und unsere Arbeitsweisen nahtlos in die Unternehmensstrategie integriert werden und in den jeweiligen Funktionen dann auch optimal umgesetzt werden können.
Natascha Heinisch:
Jetzt hast Du für mich zumindest die Frage eigentlich schon ziemlich beantwortet, weil Du hast jetzt ganz viele Sachen gesagt, auf die ihr Wert legt, die ich jetzt nicht mit dem Thema Bank, sag ich mal, in Verbindung bringen würde. Aber ich stell sie trotzdem noch mal: Also was macht die Tomorrow GmbH, die’s ja noch nicht so lange gibt, anders als alle Banken, die wir schon haben?
Katrin Schwerdtner:
Ja, wir setzen seit unserer Gründung schon sehr konsequent auf Nachhaltigkeit und auch auf Transparenz im Banking. Und was man jetzt merkt, ist, dass ganz, ganz viele Banken so zunehmend vermeintlich nachhaltige Angebote machen oder damit werben. Tomorrow, würd ich aber sagen, steht eben für eine echte Alternative, weil wir ausschließlich in zertifizierte, nachhaltige Fonds investieren und das eben auch mit jeder Kartenzahlung, sodass unsere Kund:innen, ja, darüber Klimaprojekte unterstützen, soziale Projekte unterstützen können. Und was wir auch noch machen, ist eben modernste Technologie mit wirklich toller User Experience zu kombinieren und das eben mit ‘nem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit, sodass das Banking eben nicht nur umweltfreundlich ist, sondern auch Spaß macht und sehr benutzerfreundlich ist.
Natascha Heinisch:
Das hört sich alles ganz, ganz toll an, muss ich sagen. Ich hab bisher mit dem Thema dem Finanzsektor, weil wir da auch immer überlegt hatten, ne, was könnten denn interessante Themen für die nächsten Kampagnen sein? Die Finanzbranche, die Versicherungsbranche. Diejenigen, die uns länger zuhören, wissen ja schon, der Gender Pay Gap in Deutschland liegt bei achtzehn Prozent. In der Finanz- und Versicherungsbranche sind’s sogar sechsundzwanzig Prozent. Weißt du oder hast Du Erklärungen, warum er grade da so hoch ist? Lösungsansätze, wie man das ändern kann, die ihr vielleicht auch schon als Teil eurer Culture, eurer Philosophie dessen, wie ihr arbeitet, umsetzt?
Katrin Schwerdtner:
Ja, ich glaub, die Finanz- und die Versicherungsbranche ist einfach also seit jeher eine sehr stark männlich dominierte Branche, während es leider nach wie vor so ist, dass Frauen ja vermehrt in schlechter vergüteten Bereichen sehr präsent sind, in der Pflege, in sozialen Ebenen unter anderem. Und ich glaube, durch diese stark männliche Prägung findet man eben auch nach wie vor lange Arbeitszeiten, eine sehr hohe Präsenzkultur. Und das kollidiert natürlich insbesondere dann, wenn auch familiäre Verpflichtungen vorhanden sind. Und nach wie vor ist es einfach so, dass ein großer Teil der Betreuungsaufgaben von Frauen übernommen wird und die dann eben auch hier für ihre Karrieren unterbrechen, in Teilzeit arbeiten, was ihre Aufstiegschancen noch mal weiter mindert. Und was man auch sieht in der Finanz- und in der Versicherungsbranche, ist, dass wir da eine ganz starke Geschlechtersegregation haben in den Führungspositionen.
Also wir haben in der Führungsriege ganz viele hochbezahlte Männer und wir haben die Frauen häufig in so eher in den administrativen Funktionen zum Beispiel vertreten, die dann wiederum geringer vergütet sind. Und ja, ich glaube, das ist schon mal ein Aspekt, der dazu beiträgt, dass der Gender Pay Gap enorm groß ist in dieser Branche. Ein Aspekt, der, glaub ich, auch echt nicht zu unterschätzen ist, dass nach wie vor in Vorstellungsgesprächen immer noch sehr stark auf Gehaltsverhandlungen gesetzt wird. Häufig ist das nicht die Kernkompetenz von Menschen, die sich bewerben. Und noch häufiger erleben wir, dass Frauen den Ball versuchen flachzuhalten, weniger fordernd auftreten, sodass also schon beim Eintritt ins Unternehmen häufig ein niedrigeres Gehaltsniveau da ist, was sich dann über einen sehr langen Zeitraum über die Jahre weiterhin mitzieht.
Und ja, also es gibt ganz viele unterschiedliche Wege, wie man da rangehen kann und erste Schritte gehen kann. Und das versuchen wir natürlich bei Tomorrow auch. Das einfach so hinzunehmen, find ich, das geht auf jeden Fall gar nicht.
Natascha Heinisch:
Du hattest ja das Thema Nachhaltigkeit auch genannt, jetzt geschlechtergerechte Bezahlung. Wie ist es denn dazu gekommen, dass ihr euch als Bank damit auseinandersetzt, gerade das Thema geschlechtergerechte Bezahlung, bevor das, wenn es das novellierte Entgeltransparenzgesetz dann mal geben wird, bevor es dazu eine Verpflichtung gibt? Wir haben ganz oft hier im Podcast die Erkenntnis, die traurige, dass ohne Zwänge leider viele Dinge einfach nicht passieren. Wie kommt es, dass in dem Fall so proaktiv so als mit ein Gründungsgedanke, dass es da einfach schon mit drin war?
Katrin Schwerdtner:
Ja, also ganz salopp gesagt, könnte man formulieren, weil’s richtig ist und weil alles andere falsch ist. Und jetzt sind wir einfach ‘n sehr werte- und orientiertes Unternehmen. Das heißt, auch die Menschen, die bei uns mitmachen, das sind echte Überzeugungstäter:innen. Die haben Lust, was zu bewegen über ihre Arbeitskraft, über ihre Arbeitsenergie. Die wollen ‘n Produkt entwickeln, was wirklich was verändern kann.
Und natürlich bringen die einmal den Anspruch mit, dass wir eben auch auf solche Themen wie Vergütung noch mal aus ‘ner anderen Perspektive schauen. Und es ist einfach auch in der DNA dieses Unternehmens schon verknüpft. Unsere drei Gründer hatten ja von Anfang an das Ziel, die Dinge anders zu machen, die Bankenbranche zu revolutionieren mit ‘ner ganz anderen Herangehensweise. Und ich glaub, genau diesen ja, revolutionierenden Wunsch, den haben wir eben auch, wenn wir auf die Themen gucken aus der Personalarbeit, bei der viele sagen, ja, das es war halt schon immer so und es bleibt auch so, bis uns das Gesetz zwingt, was anders zu machen. Also auf der einen Seite sind es eben kulturelle Aspekte, die uns ausmachen und wo wir einfach ‘n hohen Anspruch an uns selbst haben.
Aber das sind auch wirtschaftliche Aspekte. Also was wir ganz früh gesehen haben, ist, dass wir ‘n krassen Zeitverlust haben, wenn wir Angebote kalkulieren oder Gehälter ermitteln und dabei gar nicht so richtig wissen, ja, also an welchen Kriterien machen wir das eigentlich grade fest? Ist es dann später überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, wie man da hingekommen ist? Man sitzt beim nächsten Angebot wieder da und fragt sich, ja, wo fangen wir denn jetzt an? Man merkt dann natürlich auch schnell, dass über Gehaltsthemen ‚ne ganz große Frustration entsteht, was auch Motivation, Performance und Bindung reduziert, wenn der Eindruck entsteht, dass da große Schieflagen sind, dass mit unterschiedlichem Maß gemessen wird, dass es keine faire und weitestgehend objektive Betrachtung dieses Themas gibt, was alle erst mal mit den gleichen Chancen ausstattet.
Also faire Vergütung ist einfach ‘n superrelevanter Bestandteil auch einer starken Employer Brand. Und deshalb gibt’s schon durchaus auch wirtschaftliche Aspekte, die ich sehr, sehr überzeugend finde, auch für Unternehmen, die sagen, in unserem Wertekonstrukt oder in unserem Kulturverständnis ist das noch nicht ganz so tief verankert, aber trotzdem gäb’s vielleicht Gründe, das Thema anzugehen.
Natascha Heinisch:
Ist dieses nicht-immer-und-immer-wieder-neu-berechnen-Müssen, wie was eingruppiert wird, auch der Grund, warum ihr dafür eine Matrix gemacht habt, ist das der Purpose von dem Tool, das ihr entwickelt habt?
Katrin Schwerdtner:
Ja, die Matrix, das ist so `ne Gehalts- und Skill-Matrix, die ist entstanden, weil wir ziemlich früh in unserem Wachstum gemerkt haben, wenn wir das einfach so ungesteuert weiterlaufen lassen, dann passiert hier eine Ungleichbehandlung, die wir so überhaupt gar nicht haben wollen. Und das schwächt einmal unsere Prozesse, das macht uns langsamer. Das, was ich gerade meinte, so, wie kommen wir eigentlich da eigentlich hin? Wie haben wir das beim letzten Mal gemacht? Und gleichzeitig wird das unserem Anspruch eben auch nicht gerecht, den Mitarbeitenden erklären zu können, wie sind wir denn da hingekommen?
Warum ist das ein faires Gehalt? Wie stellen wir das ins Verhältnis zu anderen Mitarbeitenden in der Organisation? Wir wollten also ganz früh dieses Thema aufgreifen, denn je größer das wird, desto komplexer wird’s natürlich auch und desto schwieriger wird es auch, solche Ungleichgewichte wieder auszuleveln. Und wir haben uns dann damals dafür entschieden, das mit externer Unterstützung, also schon auch zwei Berater:innen gemeinsam aufzusetzen, aber das insgesamt als partizipativen Prozess zu gestalten und unsere Mitarbeitenden zu fragen, was muss denn eigentlich gegeben sein, damit ihr das Gefühl habt, dieses Gehalt ist fair. Und jetzt wissen wir natürlich so, der Fairnessbegriff ist ein sehr, sehr weiter
Natascha Heinisch:
Sehr dehnbar, ja.
Katrin Schwerdtner:
Sehr dehnbar, genau. Jeder versteht dadrunter was anderes. Und trotzdem gibt es aber gewisse Kriterien, auf die man sich verständigen kann und bei denen die breite Masse sagt, ich ja, kann mich dahinter versammeln und finde, dass das eine gute und sinnvolle Vorgehensweise ist. Und dann gab es halt so‘n paar Prämissen, die wir da von Anfang an mitgedacht haben, nämlich, dass eine ja Leadership-Karriere gleichwertig ist mit einer Expert:innen-Karriere, dass das parallel zueinander laufen muss und eben auch gleich vergütet werden muss. Wir haben auch gesagt, ja, wir wollen über Gehälter nicht verhandeln.
Das muss irgendwie deutlich werden durch die Selbstwahrnehmung, die Fremdwahrnehmung, vielleicht auch noch so Peer-Einschätzungen, wo man sich in dieser Matrix wiederfindet, ohne dass das Gehalt letztendlich davon abhängt, wie gut du für dich selbst pitchen kannst. Wir wollten ‘n Vier- bis Sechsaugen-Prinzip, weil das eben auch noch mal dazu beiträgt, nicht nur auf den eigenen kleinen Bereich oder das eigene Team zu gucken, sondern das ins Verhältnis zu setzen zur Gesamtorganisation. Wonach, worauf gucken wir denn da? Wie sind die Menschen denn da eigentlich eingruppiert? Und ganz wichtig war für uns auch, dass wir eben nicht wie also viele konventionelle Banken einen krassen Faktor haben zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Gehalt, wo man sich fragt, wodurch kommt das zustande? Wie kann das sein, dass eine Rolle das Dreihundertfache oder Fünfhundertfache von einer anderen Rolle wert ist? Und haben dann gesagt, na ja, bei uns soll das maximal der Faktor zehn sein und momentan sind wir noch ganz weit von zehn entfernt. Also wir sind noch deutlich unter fünf. Also haben wir eben einmal geschaut, wie gruppieren wir Gehälter? Wie verknüpfen wir das mit beobachtbaren Skills, über die wir dann eben auf diese Gehaltsgruppierung überleiten können?
Und welche Policy braucht es eigentlich drumherum, die noch mal klarmacht, welche Haltung wir zum Thema Gehalt haben? Zum Beispiel eben auch, dass wir keine individuellen Boni zahlen, weil wir daran glauben, dass Teamleistung das ist, was Anerkennung finden muss. Und ja, das war auf jeden Fall ein sehr, sehr spannender Prozess, bei dem man sehr viel lernt über die Organisation, die Kultur, die Werte, die Mitarbeitenden und auch den Wert von so ‘ner partizipativen Zusammenarbeit und Multiperspektiven, die man da drin vereint. Und am Ende bedeutet das natürlich nicht, dass das Thema Gehalt bei uns jetzt tipptopp geregelt ist und es gibt keine Diskussion mehr und alle sind happy. Also ich glaub, das ist eine Utopie, von der man sich auch ‘n Stück weit lösen muss.
Aber wir haben eine Möglichkeit gefunden, sehr regelmäßig und sehr unemotional über Gehalt zu sprechen, uns gegenseitig darauf aufmerksam zu machen, wenn wir das Gefühl haben, hier läuft irgendwie was schief, hier entwickelt sich was, was eigentlich nicht zu unserer Kultur passt. Und deshalb fand ich das insgesamt trotz des großen Arbeitspaketes, was es bedeutet für uns als Organisation sehr, sehr bestärkend und lehrreich diesen Weg zu gehen.
Natascha Heinisch:
Du hast auch da einiges schon genannt, aber wenn wir noch mal bisschen einen Schritt zurückgehen und drüber gucken, warum ist Transparenz von Gehältern allgemein ein Vorteil? Also neben der hoffentlich größeren Zufriedenheit der Mitarbeitenden, weil sie wissen, ich bin hier und hier eingruppiert aus folgenden Gründen, ich kann vergleichen mit anderen. Ich weiß, worauf ich mich einlasse. Ich muss nicht im Bewerbungsgespräch mir dann den Stress geben, dass ich dann ganz schnell mir überlegen muss, nachdem es jetzt so und so gelaufen ist, was fordere ich denn jetzt? Was würdest Du sagen, sind so allgemein sowohl für die Mitarbeitenden, aber auch für das Unternehmen Vorteile davon, wenn Gehalt transparent kommuniziert wird?
Katrin Schwerdtner:
Ja, ich glaube, dass es immer dazu beiträgt, dass Schieflagen sichtbar werden und dann auch besprechbar werden. Also wenn man die Menschen dazu ermutigt, über ihr Gehalt zu sprechen, wenn man dann auch ‘n gewisses Maß an Transparenz bietet, dann erkennt man sehr schnell, wenn irgendwo was schiefläuft. Und dann kann man aus so ‘nem Gefühl, was jemand hat oder ‘ner Vermutung, die da aufkommt, die da aufkommt, wie zum Beispiel, ich hab das Gefühl, ich werde nicht angemessen vergütet, das kann man beleuchten und das kann man dann auch verändern. Oder man kann auch erklären, warum dieses Gefühl vielleicht nicht der Wahrheit entspricht. Also man kann als Unternehmen zu ‘nem total schwierigen Thema einen guten Diskurs miteinander entwickeln.
Und dann ist es ja auch so, dass also solche Schieflagen, die entstehen ja nicht, weil Führungskräfte schlechte Menschen sind, die bewusst benachteiligen wollen, sondern weil da ganz viele unbewusste Vorannahmen wirken, vielleicht auch eine soziale Prägung, so die das eigene Handeln steuern. Und wenn man da Transparenz herstellt dafür, welche Kriterien schauen wir uns hier eigentlich an? Die sind komplett geschlechterunabhängig. Und woran kann ich mich orientieren, zu ‘nem stimmigen Gesamtbild zu kommen? Dann gibt man eben den Führungskräften damit auch die Mittel an die Hand, die sie brauchen, ja, solche Disparitäten gar nicht erst entstehen zu lassen.
Und das, find ich, ist der große Wert von Transparenz. Was wir zusätzlich spüren, ist, dadurch, dass wir eine große Transparenz haben auf den Prozess und die Art und Weise, wie wir Gehälter ermitteln, gibt es aus dem Team gar nicht mehr so diesen expliziten Wunsch, jedes einzelne Gehalt möge bitte transparent sein. Weil schon klar ist, ah ja, es ist komplex. Also man guckt auf unterschiedliche Aspekte und vielleicht ist es aus der Ferne für mich auch ganz schwer zu beurteilen, ob ein Gehalt zu hoch oder zu niedrig ist. Und solange ich das Gefühl habe, wir durchlaufen alle den gleichen Prozess und wir werden alle an den gleichen Kriterien gemessen, hab ich genug Vertrauen, diese volle Gehaltstransparenz gar nicht mehr einzufordern.
Natascha Heinisch:
Das hab ich nämlich auch grade gedacht, dass wenn du weißt, theoretisch könntest Du jedes einzelne und du hast dieses Vertrauen, dass es offen gelebt wird, dann ist das einzelne und mit seinen ganz kleinen Details dann in dem Moment auch gar nicht mehr so relevant. Aber du weißt, es würde dir jemand sagen, wenn du danach fragen würdest.
Katrin Schwerdtner:
Ja genau und das find ich auch wichtig, denn trotz aller Vorkehrungen, die man so trifft, ist man ja trotzdem nicht davor beschützt, auch mal eine falsche Entscheidung getroffen zu haben. Und das hilft uns dann auch wirklich festzustellen, ah hier Bereich x geht ganz anders mit dem Thema Gehalt als Bereich y. Und vielleicht braucht’s da irgendwie doch noch mal ‘n Training oder ‘n Austausch oder irgendwie ein aneinander Angleichen. Also ich finde, dass das ‘n ganz wichtiges Korrektiv ist, Transparenz herzustellen und die Menschen zu ermutigen, über ihre Gehälter zu sprechen.
Natascha Heinisch:
Du hast schon gesagt, der Prozess ist ja nie zu Ende. Es ist sieht schon gut aus, aber es ist noch nicht aller Weisheit letzter Schluss. Was sind denn noch so Herausforderungen, wo du sagst, na da und da, da werden wir noch mal Stellschrauben drehen müssen? Was läuft noch nicht ganz so rund?
Katrin Schwerdtner:
Ja, wir haben im ersten Wurf ein Skillset entwickelt, was wir erst mal so über die gesamte Organisation legen. Und entsprechend generisch ist das. Das heißt, innerhalb dieser Skills müssen sich sowohl unsere Software verorten als auch unser People and Culture Team oder der Customer Support oder die Product Managers. Und wann immer etwas sehr generisch ist, bleibt natürlich auch viel Raum für Interpretation. Und das birgt natürlich auch wieder ‘n Risiko, dass man das unterschiedlich auslegt und sich das in unterschiedliche Richtungen entwickelt.
Und da sind wir grade da dran zu gucken, was ist für uns eigentlich das richtige Maß? Also wie spezifisch wollen wir werden und wie viel Gestaltungsspielraum braucht es auch, weil es ‘n bisschen vermessen ist, etwas so Komplexes wie Leistung in irgendwie fünf Stichpunkten festhalten zu wollen. Also das ist, glaub ich, so eine Herausforderung. Dann sehen wir natürlich, dass Leadership auch Training braucht, sich mit so ‘ner Matrix, also sich in dieser Matrix gut zurechtzufinden und damit auch im Sinne unserer Policy zu arbeiten. Und insgesamt ist es natürlich so, selbst mit diesem noch sehr generischen Skillset, was wir grad haben, nimmt man sich natürlich auch Spielraum.
Und es kommt durchaus dazu, dass wir tolle Kandidat:innen nicht für uns gewinnen können, weil wir nicht verhandeln und weil wir sagen, das ist das Gehalt, was wir laut unserer Einschätzung für fair erachten. Und wenn das für dich nicht passt, dann bessern wir nicht nach, sondern müssen leider sagen, dann finden wir nicht zusammen.
Natascha Heinisch:
Genau, die Frage hatte ich nämlich auch – der Zusammenhang zwischen Entgelttransparenz und Rekrutierung, auch Stichwort Rekrutierungskrise. Könnt ihr schon sagen, ob sich mehr Leute bewerben, oder ob sich andere Leute bewerben, wie sich das auf den Bewerber:innenkreis auswirkt, so ‘ne größere Transparenz?
Katrin Schwerdtner:
Ja, wir sind wirklich gesegnet mit einem sehr hohen und sehr qualitativ hochwertigen Bewerber:innenzulauf. Und ich glaube, dass unser Umgang mit Vergütung, der ja in unserer Kultur verankert ist, schon eine ganz krasse Strahlkraft auch hat. Das steht ja schon dafür, dass wir eine sehr menschenzentrierte Personalarbeit machen, dass wir offen dafür sind, Dinge anders anzugehen, dass wir nicht nur an unserem Produkt arbeiten, sondern auch unserer sozialunternehmerischen Verantwortung gerecht werden wollen und irgendwie versuchen, eine gerechtere Welt zu schaffen, so in unserem kleinen Circle of Influence, den wir haben. Und das führt schon dazu, dass sich Menschen für uns interessieren und sich Menschen bei uns bewerben, bei denen wir eigentlich das Gefühl hätten, die können wir uns gar nicht leisten.
Aber letztendlich schauen Bewerbende natürlich auf das Gesamtpaket. Und vielleicht können wir nicht das gleiche Gehalt zahlen wie Google, aber insgesamt bieten wir ‘n Arbeitsumfeld, in dem man das Gefühl hat, das lässt sich auch gut mit meinem persönlichen Wertekonstrukt zusammenbringen. Und ich hab das Gefühl, hier ist ein Haufen inspirierender Menschen, von denen ich auch noch so viel lernen und profitieren kann. Und ich arbeite hier an Themen und das mit ‘ner Autonomie, die mir so in ‘nem anderen Unternehmen auch noch nicht gegeben war, dass das insgesamt für mich ‘n faires Paket ist. Und damit will ich gar nicht sagen, dass wir so krass unter Marktniveau bezahlen und über die Kultur ‘n bisschen ködern.
Also wir haben für unsere Branche und für das, was wir tun, absolut marktübliche Gehälter. Aber natürlich gibt’s grade an so ‘nem Standort wie Hamburg immer andere Unternehmen, die das bei Weitem toppen können. Und unser Umgang damit, also Gehaltsspannen auch schon in den Stellenanzeigen zum Beispiel transparent zu machen, das zeigt Leuten einfach, dass das ‘n Unternehmen ist, bei dem sie Bock haben mitzumachen, weil’s für das steht, für das sie sich selbst vielleicht auch stark machen.
Natascha Heinisch:
Ja, es klingt immer so abgedroschen, aber nicht alles, was für mich wertvoll ist, muss etwas sein, dass mir mehr Geld in meinen Geldbeutel bringt und was der Grund ist, warum ich arbeite. Also natürlich möcht ich leben können von dem, was ich arbeite. Es soll fair sein, aber es gibt auch Perks, die nicht der Fruchtkorb sind, sondern halt Dinge, die man nicht im Geldbeutel sieht, die aber trotzdem einen sehr, sehr großen Unterschied für meine Zufriedenheit machen, wo ich eigentlich arbeite.
Katrin Schwerdtner:
Ja, das also wir leben ja auch eine sehr starke Vertrauenskultur. Wir haben Vertrauensurlaub, Vertrauensarbeitszeit.
Natascha Heinisch:
Ach toll.
Katrin Schwerdtner:
Und eben Menschen sehr viel Freiraum, diese Arbeit in Einklang zu bringen mit ihren Lebensrealitäten und eine sehr große Flexibilität, was eben auch den Arbeitsort angeht, die Form der Zusammenarbeit, die es eben braucht, ‘n Projekt erfolgreich zu machen. Und ich glaube, das Ganze wird natürlich abgerundet von der Vergütungsstrategie, die das aufgreift und eben auch noch mal authentisch widerspiegelt.
Natascha Heinisch:
Weil du grad das Wort Lebensrealität gesagt hast, ein kurzer Einwurf in eigener Sache: Ich weiß nicht, ob ihr es am Ende dieser Folge hören werdet. Ich hab ein recht gutes Mikrofon und manchmal nimmt es Dinge auf, die nicht in den Podcast sollen sondern unter anderem möglicherweise einen meiner zwei Kater, der gerne Zugang zu diesem Raum hätte, den ich ihm grad aber nicht geben kann. Also wenn ihr am Ende dieser Aufnahme hin und wieder einen trauriges Miau hört, dann ist das meine Care Arbeit, die an der Tür klopft und rein möchte. Aber jetzt wieder zurück zum eigentlichen Inhalt. Nachdem ihr diese Strategie jetzt schon eine Weile fahrt, könnt ihr für euch schon sagen, ob im Bereich Gender Pay Gap sich da Veränderungen ergeben haben?
Katrin Schwerdtner:
Ja, wir sehen durchaus ‘n positiven Trend, wobei man natürlich auch immer differenzieren muss zwischen dem bereinigten und dem unbereinigten Gender Pay Gap. Einen bereinigten Gender Pay Gap haben wir gar nicht.
Einen unbereinigten Gender Pay Gap haben wir und müssen da eben für uns auch noch herausfinden, wie können wir denn eigentlich auf diese strukturellen Probleme einwirken als Unternehmen, die diesen unbereinigten Gender Pay Gap eben auch befeuern, ne? Das, was ich vorhin gesagt hab, das ist grundsätzlich sehr männlich dominiert. Und dann haben wir natürlich ein Drittel unserer Mitarbeitenden im Bereich Engineering. Das ist halt quasi noch mal eine Subjobfamilie, die ebenfalls sehr männlich dominiert ist. Wie kann man eigentlich mehr weiblich gelesene Personen dazu begeistern, diese Branchen oder diese Jobfamilien für sich auch zu erobern, sodass die dann bei uns eben auch nicht hauptsächlich im Customer Support oder in der Personalarbeit angesiedelt sind, sondern ganz oben mitspielen.
Und was wir auf jeden Fall grade angehen, ist die Arbeit im Co-Leadership. Denn ich hab ja eingangs auch gesagt, dass das ganz häufig so ist, dass sich vielleicht auch grade so ‘ne Managementposition nur ganz schwer vereinbaren lässt mit den Care-Verpflichtungen, die da sind. Und da versuchen wir eben einfach, kreative Lösungsansätze zu finden und zu sagen, ja, dann ist es halt eine geteilte Position. Und das geht auch im Leadership, das geht nicht nur in den unteren Ebenen.
Und wir geben eine große zeitliche Flexibilität und versuchen eben wirklich so Schritt für Schritt das aufzubrechen, was vielleicht eben auch Frauen oder weiblich gelesene Personen davon abgehalten hat, in dieser Branche wirklich ihren Weg zu gehen.
Natascha Heinisch:
Du hast ja grad gesagt, wie das noch mit anderen Bereichen so verzahnt ist. Also die Arbeit geht auf jeden Fall nicht aus und die Stellschrauben, an denen man noch was drehen kann, um’s noch besser zu machen.
Katrin Schwerdtner:
Nö, ich glaube, also auch wenn wir jetzt auf unsere Gehaltsmatrix gucken, betrachten wir das auch als quasi Permanent Beta. Das ist leider nicht so, dass man das einmal aufsetzt und dann hat man die Lösung für die nächsten zwanzig, fünfundzwanzig Jahre. Und das hat aber auch was sehr Bestärkendes, find ich. Also wir haben ‘n gutes Grundgerüst und immer wieder greifen wir Impulse auf oder ändert sich vielleicht auch die gesellschaftliche Dynamik. Und das führt dazu, dass wir nachbessern und dass wir da noch mal kritisch draufgucken müssen und uns fragen müssen, das, was wir da festgehalten haben, passt es eigentlich noch in eine moderne Gesellschaft oder braucht es noch mal eine Überarbeitung?
Also die die großen Fragen und die Themen, das geht wirklich nicht aus, aber man gewinnt auch mehr Sicherheit im Umgang mit diesen großen Fragen und mehr Freude daran, sich dem zu widmen. Und deshalb find ich das auch eigentlich ganz positiv.
Natascha Heinisch:
Wenn du jetzt anderen Unternehmen, die sich in diesem Bereich auf den Weg machen, was würdest du denen denn für… Tipps ist vielleicht ein zu kleines Wort, aber für… was können die schon lernen aus eurer Vorerfahrung oder was sind wichtige Punkte, wo du sagst, wenn man damit jetzt neu anfängt, was sind so die wichtigen Knackpunkte, mit denen man anfangen kann?
Katrin Schwerdtner:
Ich glaube, wenn man jetzt noch nicht an dem Punkt ist, dass man das gesamte Vergütungssystem einmal unter die Lupe neu modellieren möchte, dann kann man auf jeden Fall damit anfangen, diejenigen im Umgang mit Gehältern und Gehaltsdefinitionen zu schulen, die daran maßgeblich mitwirken. Das mögen die Führungskräfte sein, in vielen Unternehmen geht das aber auch darüber hinaus. Und die einmal dafür zu sensibilisieren, welche Vorannahmen da eigentlich wirken, welche Biases sie einbringen, was es für Möglichkeiten gibt, einen objektiveren Blick darauf zu haben, was für Korrektive man vielleicht auch heranziehen kann, dann ist das schon mal ‘n erster Schritt, den man gehen kann mit ‘ner ganz, ganz, ganz großen Wirkung, noch bevor man das System an sich überhaupt angeguckt hat. Und ich glaube, der nächste Tipp, den ich geben kann, ist, sich wirklich auch von dieser erst mal vermeintlichen Komplexität und Größe des Themas nicht erschlagen zu lassen. Und eben wirklich kleinteilig zu gucken, was können wir denn hier für ein konkretes Problem identifizieren?
Und was kann so‘n erster Schritt sein, sich damit auseinanderzusetzen und wirklich ins Tun zu kommen, die ersten Schritte zu gehen, Erfahrungen zu sammeln, darüber auch ja schon das Signal ins in die Unternehmung zu schicken, wir machen da was und wir wollen da was verändern. Und wir haben das Gefühl, das ist hier nicht mehr zeitgemäß und wir wollen das angehen. Ich glaube, dass das ganz wichtig ist. Und ja, dann ist es auch eben wirklich, das Sprechen über Gehälter enttabuisieren. Ich glaube, in ganz vielen Unternehmen ist es nach wie vor so, dass man sich gar nicht traut, die Kolleg:innen zu fragen.
Vielleicht auch so‘n bisschen, weil man befürchtet, dass das mit ‘ner großen Enttäuschung
Einhergeht. Aber auch, weil’s quasi abgestraft wird oder zumindest auch nicht bewusst vom Unternehmen gewollt oder gefordert wird. Und wenn man dieses Gespräch aber einmal aufmacht, hat man schon die Möglichkeit, so, so viel zu lernen und so viele wichtige kleine Impulse mit aufzugreifen, aus denen man dann später wieder was Neues bauen kann, dass man sich eben diese, also diese Lernmöglichkeit sollte man sich wirklich nicht nehmen. Und für uns war’s zusätzlich wirklich hilfreich, externe Unterstützung mit reinzuholen. Und da braucht man jetzt auch kein, keine Ahnung, McKinsey für zwei Jahre mit so ‘nem Thema für irrsinnig viel Geld mit beauftragen.
Aber häufig hat man als Unternehmen natürlich auch so Ecken, in die guckt man nicht so gerne. Und vieles bleibt implizit, wenn die gleichen Leute auf das Thema gucken, die da schon immer drauf geguckt haben. Und es hilft total eben, noch mal jemanden von extern zu haben, der auch ganz bewusst den Finger so in die Wunde legen, der noch nachbohrt und natürlich auch der gesamten Organisation darüber vermittelt, wir nehmen das Thema verdammt ernst und deshalb schaffen wir dafür Budget, deshalb holen wir dafür Expertise rein. Das hat schon auch einfach eine große Wirkung.
Natascha Heinisch:
Kurz bevor wir zum Ende von unserer Folge kommen, fragen wir auch immer unsere Gäste und Gästinnen, wenn sie ihr Spotlight richten könnten auf eine weiblich gelesene Person, die vielleicht aus verschiedenen Gründen noch zu wenig Bekanntheit, zu wenig Aufmerksamkeit hat, wer denn das wäre. Und das würd ich heute gerne auch dich fragen. Es muss niemand aus dem Finanzsektor sein, darf aber auch gerne eine Frau aus der Finanzwelt sein.
Katrin Schwerdtner:
Ja, ich musste tatsächlich gar nicht lange überlegen. Das ist meine gute Freundin und große Inspirationsquelle Elly Oldenburg. Elly, ja, hinterfragt vor allem traditionelle Arbeitsweisen und hat grade ein Buch veröffentlicht, „Workshift“, in dem sie noch mal dazu anregen möchte, wirklich flexiblere, inklusivere, nachhaltige Arbeitsweisen zu etablieren. Und gleichzeitig auch zeigt, was kannst du als einzelne Person dazu beitragen, dass wir da hinkommen und was können Unternehmen dazu beitragen, dass wir da hinkommen? Und für mich war das absolut Augenöffnen und eine sehr kluge und gleichzeitig gut zu verstehende Herangehensweise, wie wir das eigentlich schaffen können als Gesellschaft, als Wirtschaft, eine gerechtere Umgebung zu schaffen.
Und wer Elly noch nicht kennt, sollte Elly kennenlernen. Und wer das Buch noch nicht gelesen hat, dem fand ich das auch sehr, sehr ans Herz legen.
Natascha Heinisch:
Das ist toll, weil dann haben wir gleich drei in einem. Einen Tipp zu einer Frau, einen Buchtipp und dann bekommen wir auch noch Tipps, was jeder einzelne, jede einzelne tun kann. Wunderbar, perfekt. Und ganz zum Schluss kommt dann immer noch unsere klassische Abschlussfrage: Was bringt dich aktuell zum Fauchen und was bringt dich zum Schnurren beim Thema Equal Pay?
Katrin Schwerdtner:
Ja, ich fang mal an damit, was mich zum Schnurren bringt. Was spürbar ist, ist, wie viele Unternehmen sich gerade eigeninitiativ mit nachhaltigeren Vergütungsstrategien auseinandersetzen, die dann auch ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen, in den Austausch gehen und dadurch ja, so wie ich das wahrnehme, wirklich auch ‘n positives Momentum kreieren, eine Art politischen Druck aufbauen, der andere wiederum dann auch inspiriert und befähigt, ins Tun zu kommen. Und da ja, also kann man ja auch noch mal den Blick richten auf den Equal Pay Award, auf zum Beispiel Goldeimer, die da auch gewonnen haben und die ihre Verhütungsmatrix auch frei im Internet zur Verfügung stellen. Also da ist eine ganz große Bereitschaft, ins Gespräch zu kommen und ja, sich gegenseitig zu befähigen, das Thema besser und ja, irgendwie auch gemeinschaftlicher anzugehen. Und was bringt mich zum Fauchen? Ja, in meiner Wahrnehmung ist die Entgeltransparenzrichtlinie ein langwieriger, ein bürokratischer Prozess, der das Risiko erhöht, dass Unternehmen diese Auseinandersetzung mit ihrem Vergütungssystem eher als Belastung wahrnehmen, denn als Chance begreifen. Und ich glaube, da würd ich mir wünschen, dass wir in der Politik das schaffen, Akzente zu setzen, die mehr ermutigen, mehr motivieren, weniger verkomplizieren. Und ich habe dafür noch keine konkrete Lösung, aber ich merke, wenn man diesen Begriff benutzt, dass das schon noch häufig dazu führt, dass die Leute mit den Augen rollen und denken, ja, es ist jetzt so die nächste bürokratische Sau, die wir so durchs Dorf treiben. Und das geht mit so viel Aufwand und Personaleinsatz einher. Und ich glaube, dass man das ja, vielleicht einfach noch greifbarer und mehr aufbereiten könnte, sodass man mehr Unternehmen hinter dieser ja an sich großartigen Idee schafft, versammeln.
Natascha Heinisch:
Ich hoffe, dass wir mit dieser kleinen Folge auch unseren kleinen Beitrag geleistet haben, denn ich fand das sehr motivierend, was du gesagt hast und sehr inspirierend. Also für mich war das jetzt sehr viel greifbarer, sehr viel verständlicher. Und wie du’s erzählt hast, hab ich selber direkt Lust darauf auch bekommen. Insofern, vielleicht haben wir einen kleinen Beitrag heute schon leisten können. Falls ihr da draußen Fragen habt an uns zur heutigen Folge oder allgemein zum Thema equal pay, dann könnt ihr uns sehr gern schreiben an info@equalpayday.de und uns immer sehr gerne folgen.
Wir sind unterwegs mit dem Hashtag EPD. Dann sag ich vielen Dank, liebe Katrin, dass du heute bei uns warst. Das hat viel Spaß gemacht. Und an euch da draußen: tschüs!
Katrin Schwerdtner:
Vielen Dank, hat mir auch viel Spaß gemacht.