Podcats – der Podcast zu equal pay Folge 7 – Prof. Dr. Gundula Zoch – Transkript

Wir wollen in unserem Podcast darüber sprechen, was passieren muss, damit in Deutschland Frauen und Männer für gleiche und gleichwertige Arbeit endlich auch gleich bezahlt werden.
Wie stellen wir die Weichen auf gerechte Bezahlung in der Arbeitswelt von morgen? Wie schaffen kürzere Arbeitstage gleiche Karrierechancen für Frauen und Männern? Was erfahren wir aus den Drehbüchern für Filme und Serien über unsere Vorstellungen von der Arbeit? Und wie wird IT inklusiv? Das alles wollen wir mit diesem Podcast herausfinden.
Wir freuen uns, wenn Ihr Mal reinhört! Garantiert ohne Kater danach!

Alle Folgen hier.

Familienarbeit und Care Arbeit sind die Worte, um die sich heute alles dreht!  Prof. Dr. Gundula Zoch spricht mit uns über Verhandlungen am Wickeltisch, wie sich der Blick auf Care Arbeit eventuell verändert hat und auch, inwieweit sich Dauer und Verteilung von Elternzeit über die Generationen gewandelt haben.  Viel Spaß beim Zuhören! 

Zum Abschluss bekommt ihr heute ein etwas wehmütigeres “Miau – gleicher Lohn für Mann und Frau!”, denn Kater Max streunert ab der nächsten Folge auf neuen Wegen… da muss Podkatze Natascha sich erstmal kurz den Staub aus dem Fell schütteln und die Schnurrhaare richten. Aber es geht natürlich weiter!  Passt auf euch auf! 

Max & Natascha   

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Maximilian Kalk:

Tja, Natascha, was glaubst Du denn, ist eine der nervigsten Aufgaben, wenn man wirklich kleine Kinder betreuen muss? Also für mich ist das ganz klar das Wickeln. Also das finde ich super anstrengend, weil die halten selten still, machen ja irgendwas, sie sind ja eben noch kleine Menschen, die wissen ja noch gar nicht, was Disziplin ist. Die müssen ja noch lernen. Aber es ist auf jeden Fall eine Sache, die ich liebend gerne an jemand anderen abgeben würde.

 

Natascha Heinisch:

Kann ich total verstehen. Ich muss zugeben, ich habe sehr viele kleine Kinder in meinem Umfeld und ich bin um das Wickeln bisher immer herumgekommen und ich bin da sehr, sehr, sehr glücklich drum, weil wie Du schon gesagt hast, wenn der kleine Wurm sich dann nach links und rechts dreht und man das parallel machen muss, während man gleichzeitig mit den Inhalten der Windel zu kämpfen hat, da bin ich ganz glücklich, dass ich das bisher noch nicht machen musste.

 

Maximilian Kalk:

Also ich habe zumindest gesehen, es gibt ja schon langsam Abhilfe, ich habe gesehen, dass eine koreanische Firma einen Roboter entwickelt hat, der zumindest überprüfen kann, ob die Windel voll ist. Und das erkennt er anhand von Geruchssensoren. Also ich denke mal, da ist ja zumindest schon mal Abhilfe da. Es gibt sogar schon Zukunftspläne, dass wirklich bald die ersten Liveroboter ausgefahren werden und dann wirklich auch uns diese wunderbar lästige Aufgabe abnehmen werden.

 

Natascha Heinisch:

Das hört sich echt, echt gut an! Ich meine, es wird noch eine Weile dauern und wird dann wahrscheinlich auch nicht so günstig sein. Das heißt bis dahin bleibt die sogenannte Care-Arbeit dann doch an uns Menschen hängen. Und dazu zum Thema Care-Arbeit haben wir heute einen wunderbaren Gast bei uns, nämlich Professor Dr. Gundula Zoch. Hallo Gundula.

 

Gundula Zoch:

Hallo, ich freue mich, bei Euch zu sein.

 

Natascha Heinisch:

Magst Du vielleicht zum Einstieg selber ganz kurz das Wichtigste über Dich berichten? Das, was alle wissen sollten?

 

Gundula Zoch:

Wer bin ich? Also ich bin vor allem Soziologin, habe auch einen VWL-Hintergrund und habe in den vergangenen Jahren viel zu der Aufteilung der Familienarbeit, der Erwerbstätigkeit in Deutschland geforscht und bin mittlerweile an der Universität Oldenburg, war zuvor Postdoc am Leibniz Institut für Bildungsverläufe und habe jetzt auch die Chance, da meine Arbeit an einigen Projekten mit den Kolleginnen und Kollegen weiter fortzusetzen.

 

Natascha Heinisch:

Jetzt hast Du ja einen Teil deiner Forschungsthemen schon genannt, dann würde ich auch gleich direkt in die Diskussion sozusagen einsteigen. Kannst Du sagen, inwiefern sich so Verhandlungen zu Arbeitszeit und zu Gehalt in den vergangenen Jahren, hat sich das in den privaten Bereich vielleicht hinein verlagert? Also wird heute mehr am Wickeltisch sozusagen über Arbeitszeit und Gehalt verhandelt als früher? Gibt es da Entwicklungen?

 

Gundula Zoch:

Also kurze Antwort: Ich glaube schon, dass das der Fall ist. Die längere Antwort ist: Wir müssen natürlich überlegen, welche Zeiträume vergleichen wir da? Wenn wir zum Beispiel unsere Elterngeneration vergleichen, also die heute so Ende 50-60-Jährigen, dann ist es natürlich so, dass für diese Generation ganz klar weniger Verhandlungen an der Tagesordnung war. Das heißt, wenn Kinder in die Familie traten, wenn eine Geburt anstand, dann war klar, es wird eine Unterbrechung der Erwerbsarbeit der Frau geben. Und wenn diese dann vielleicht nach einigen Jahren sogar zurückkommt, dann in der Regel in Teilzeit, vielleicht sogar in marginalen Beschäftigungen, sodass klare Rollenerwartungen vorherrschend waren. Und da ist es wichtig zu sagen: Nicht nur in der Familie, sondern natürlich auch im Beruf – und übrigens auch in beiden Teilen Deutschlands, also sowohl in Westdeutschland, wo natürlich eher längere Erwerbsunterbrechungen erwartet wurden, aber auch im Osten, wo ganz klar war: Okay, so knapp ein Jahr Berufsunterbrechungen, früher Krippenbesuch für alle Kinder und danach möglichst Vollzeit und das bei jedem Kind.

 

 
Natascha Heinisch:

Und wie ist das heute?

 

Gundula Zoch:

Heute ist natürlich die Situation ganz anders. Frauen sind in der Regel besser ausgebildet, Frauen wollen auch mehr arbeiten. Und gleichzeitig setzt natürlich auch die Politik klare Anreize für eine etwas gleichberechtigte Aufteilung der Sorge und Erwerbsarbeit. Das heißt, wir wissen heute, Männer gehen viel häufiger in Elternzeit. Frauen haben heute deutlich kürzere Erwerbsunterbrechungen und arbeiten nach der Rückkehr in den Beruf nach so einer familienbedingten Erwerbsunterbrechungen auch häufig mehr Stunden. Und das bietet natürlich viel mehr Konfliktpotenzial in der Familie, aber natürlich auch am Arbeitsplatz und über die muss man verhandeln.

 

Maximilian Kalk:

Ist ja so, dass die Millennials, die nun aufwachsen, für die gibt es ja nur ein Deutschland, also sie wachsen in einem geeinten Deutschland auf, wo es eben keine Unterschiede mehr in der Arbeitsstruktur geben sollte. Die Millennials gehen ja jetzt alle langsam arbeiten und sie haben natürlich dann auch einfach die Probleme, die da das Arbeitsleben mit sich bringt und das Familienleben dann dazu. Würdest Du dann sagen, dass diese Erfahrung selber auch ein bisschen da reinspielt, dass man auch andere Vorstellungen darüber hat, wie Sorgearbeit aufgeteilt werden soll?

 

Gundula Zoch:

Auf jeden Fall. Und da muss man einschränkend sagen, es gibt keine oder bisher keine Studien, die auf einer wirklich großen Datenbasis mit Wiederholungsbefragungen, Trends jetzt ausgerechnet für die Millenniums-Kohorte nachzeichnen können. Aber wir wissen aus anderen Befragungen, die die Chance bieten zum Beispiel Generationen zu vergleichen, die so Anfang der 70er, Anfang der 80er und Anfang der 90er Jahre geboren sind. Das heißt, dass man da auch so ein bisschen schauen kann, wie war, wie sind die aufgewachsen, welche Rollenmodelle hatten da die Eltern und welche Erwerbserfahrungen der Eltern spielen vielleicht auch eine prägende Erfahrung für die Jugendlichen? Und mit dem Kohorten-Vergleich ist es da ganz schön, dass man eben unterschiedliche Arbeitsmarktbedingungen in der Kindheit und frühen Jugend für die Eltern nachzeichnen kann und das natürlich auch ganz schön getrennt für Ost und West machen kann. Und aus diesen Untersuchungen wissen wir, dass sich über die Generationen, über die Kohorten, die Einstellungen zu Erwerbsarbeit und Sorgearbeit tatsächlich verändern. Da ist Bewegung drin. Es ist nicht nur so, dass je älter man wird, dass man da andere Einstellungen ausbildet, sondern tatsächlich wirklich die Phase, in der man aufwächst und welche Rollenmuster man so an seinen Eltern beobachtet oder auch in der Gesellschaft ganz allgemein, dass das wirklich prägend ist.

Und ganz konkret ist es so, dass wir zum Beispiel für die Anfang der 80er Jahre Geborenen wissen, also das sind so heute die, die zwischen 33-42 sind und in der Regel auch ihr erstes oder vielleicht sogar schon ihr zweites Kind bekommen haben. Und für die wissen wir, die hatten eine Phase, als sie selber aufgewachsen sind, die natürlich sehr stark von dieser Ost-West-Teilung geprägt war, mit mehr Erwerbstätigkeit der Mütter im Osten als im Westen, aber auch in der eigenen Phase der Familiengründung waren noch ganz andere Bedingungen vorherrschend, als das heute 2022 der Fall war. Viel weniger Anreize, dass vielleicht auch Männer Elterngeld nehmen, Elternzeit nehmen, viel weniger auch frühkindliche Betreuungsmöglichkeiten gerade im Westen Deutschlands. Und wenn man nun den Sprung macht zu den 1990 Geborenen oder Anfang bis Mitte der 90er, also die heute so 23 bis 32-jährigen, die sehr wahrscheinlich jetzt ihr erstes Kind bekommen oder schon haben, dann ist die Betreuungsinfrastruktur zum Beispiel wirklich einer der Faktoren, die man nennen kann, wo man gravierende Veränderungen feststellen kann. Also viel mehr Plätze für die unter 3-Jährigen, die eine frühere Rückkehr auch für die Frauen ermöglichen, zusammen mit mehr Anreizen für Väter auch Elternzeit zu nehmen, sodass sich hier die Rollenmodelle, auch wenn es nur zehn, zwölf Jahre sind, die diese Kohorten trennen, tatsächlich schon wieder auch ein Stück weit unterscheiden und auch die sogenannten Geschlechterrolleneinstellungen ein Stück weniger traditionell sind.

 

Natascha Heinisch:

Wie haben sich denn möglicherweise in diesem Zusammenhang die Einstellungen in Ost und West geändert in der Zwischenzeit?

 

Gundula Zoch:

Tatsächlich sieht man zum Beispiel auch, wenn man die Entwicklung der Einstellungen in Ost und West analysiert, zu der Frage, inwiefern Mütter Erwerbstätigkeit, ja… inwiefern der zugestimmt wird, man also sozusagen relativ egalitäre Einstellungen hat. Da zeigt meine eigene Forschung zusammen mit der Kollegin Pia Schober von der Universität Tübingen, dass sich zum Beispiel für westdeutsche Frauen diese Einstellungen modernisiert haben und dass man das zum Beispiel auch mit familienpolitischen Reformen zusammenbringen kann, also zum Beispiel insbesondere in Regionen, wo viele Kitaplätze geschaffen worden sind, in nur kurzer Zeit, da zeigen insbesondere Frauen und vor allem auch Frauen mit höheren Bildungsabschlüssen weniger traditionelle Einstellungen in nur sehr kurzfristigen Zeiträumen. Umgekehrt, in Ostdeutschland, sehen wir tatsächlich, dass da Frauen und vor allem auch Frauen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen eher traditionellere Einstellungen ausgebildet haben, obwohl man da argumentieren könnte auch dort sind Plätze, verfügbares Betreuungsangebot gestiegen. Und da können wir bisher nur vermuten, dass vielleicht ja diese besondere Belastung bei einer sehr vollzeitnahen Beschäftigung zusammen mit kleinen Kindern auch dazu führen könnte, dass man der ganzen Kombination Sorgearbeit, Erwerbsarbeit mit möglichst vielen Stunden vielleicht auch zunehmend skeptisch gegenübersteht, weil natürlich ja die Entgrenzung von Arbeit, die Belastung durch Arbeit nicht weniger geworden sind in den vergangenen Jahren.

 

Natascha Heinisch:

Du hattest vorhin schon das Thema frühkindliche Entwicklung genannt. Welche Auswirkungen hat es denn, wenn die Care-Arbeit tatsächlich 50/50 auf beiden Schultern gleichermaßen aufgeteilt wird? Was verändert sich dadurch?

 

Gundula Zoch:

Also tatsächlich ist es so, dass man ein bisschen unterscheiden kann. Verändert sich das für die kindliche Entwicklung oder wie beeinflusst das die kindliche Entwicklung? Und wie verändert sich vielleicht auch das Zusammenleben des Paares, die Arbeitsaufteilung von Eltern? Langfristig und mit Blick auf die Kinder ist es so, dass natürlich in der frühen Kindheit enorme Entwicklungsschübe in Bezug auf Motorik, Sprachentwicklung, psychische Entwicklung stattfinden. Und psychologische Studien zeigen hier, dass Bindungssicherheit eigentlich ähnlich entsteht, wenn es wenn es darum geht, dass man Mütter und Väter miteinander vergleicht, obwohl Väter ja in der Vergangenheit vielleicht doch etwas weniger präsent waren. Und da ist es auch wichtig zu betonen, es ist nicht immer nur die absolute Zeit mit dem Kind die entscheidend ist, sondern tatsächlich auch die Qualität der Interaktion. Also sprich, der Vater, der vielleicht 40, 45, 50 Stunden arbeitet, kann natürlich ein vertrauensvolles Verhältnis, eine liebevolle Bindung mit seinen Kindern haben. Und dennoch ist es so, dass wenn man sich sozusagen anschaut, wie ist denn die Interaktion zwischen Männern und Frauen und ihren Kindern? Dann fällt doch auf, dass es ein paar Unterschiede gibt und die zeigen, dass Väter dass bei Vätern und ihren Kindern, insbesondere das Spiel, ein wichtiges Instrument ist, was eben ja langfristig zu vielleicht doch etwas anderen Entwicklungen führen kann.

 

Maximilian Kalk:

Kann ich mir sehr gut vorstellen. Der Mensch ist ja auch ein sehr verspieltes Wesen, sagen wir mal, was weiß man denn eigentlich über das gemeinsame Spielen von Vätern und Kindern?

 

Gundula Zoch:

Also mal an Beispielen: Wenn Väter aktiv spielen, auch da hohe emotionale Involviertheit zeigen, dann kann es durchaus sein, dass das Väter zum Beispiel häufiger akustische und visuelle Reize setzen, dass das Spiel häufig stärker physisch ist, häufig vielleicht auch ein bisschen risikoreicher. Und ich denke, das kann jeder nachvollziehen oder hat vielleicht sogar auch schon mal beobachtet, dass das natürlich sehr positiv wirkt auf die, auf die Erkundungsaktivitäten von Kindern, auf die Neugier, aber natürlich auch die motorische Entwicklung. Also je stärker körperlich das Spiel ist, um so positiver natürlich auch der Einfluss auf die Entwicklung von, nennen wir es mal Unabhängigkeit oder auch der Umgang mit Regulation und Bewältigungsstrategien. Zusätzlich wissen wir auch, Väter sprechen anders als Mütter. Sie passen ihre Begriffswahl häufiger wenig an, sie benutzen auch ungewöhnliche Ausdrücke, was häufig auch damit in Verbindung steht, dass sie eine Brücke zur weiteren sprachlichen Entwicklung stellen, das heißt kognitiv, motorisch, sozioemotional sind Väter natürlich prägend und da vor allem auch Väter mit höherem Bildungsgrad. Das ist bei Müttern aber ähnlich, so dass man jetzt fragen kann: Na ja, was passiert denn, wenn nun eine Betreuung überwiegend männlich oder weiblich organisiert wird? Das heißt, man hat eben auf Basis dieser kindlichen Entwicklung vielleicht andere Reize, die gesetzt werden. Und das bedeutet nicht automatisch für jede einzelne Familie, dass damit eine andere Entwicklung gesetzt ist. Aber wenn wir eben auf Basis unserer quantitativen Studien so in Durchschnitten schauen, dann ergeben sich da durchaus eben doch besondere Akzente, die man setzen kann. Und das andere ist natürlich, dass, wenn man auf die Familie insgesamt schaut, wir auch Veränderungen erwarten würden oder auch Unterschiede erwarten würden, die die Ressourcen der Familie beeinflussen und aber auch die Sozialisation eines bestimmten Rollenmodells.

 

Natascha Heinisch:

Rollen und Rollenbilder sind ja immer so ein wichtiges Thema bei uns im Zusammenhang mit equal pay. Was bedeutet es denn, wenn beide Eltern gleichermaßen arbeiten oder eben nicht gleichermaßen arbeiten?

 

Gundula Zoch:

Also, wenn zum Beispiel beide Eltern arbeiten, dann ist das natürlich positiv für das Familieneinkommen, für das Haushaltseinkommen. Denn wir wissen, dass insbesondere Familienarmut da ein Thema ist, wo vielleicht eine nur geringere Erwerbsbeteiligung beider Partner stattfindet. Und auch aus der Bildungsforschung wissen wir, dass höhere Haushaltseinkommen natürlich auch mit besseren Bildungschancen einhergehen. Mit Blick auf diesen Sozialisationseffekt und da schließt sich der Kreis vielleicht auch wieder zu diesen Rollenaufteilung, da wissen wir aus der Längsschnittforschung, dass es tatsächlich so ist, dass Kinder zum einen diese Rollentrennung, also zum Beispiel, wenn Frauen eben mehr der Familienarbeit nachgehen und Väter insbesondere in der Erwerbsarbeit stark präsent sind und vielleicht weniger Hausarbeit und Kinderbetreuung übernehmen, dass diese Rollenmodelle ganz klar beobachtet werden, aber natürlich auch in der Familie bewusst kommuniziert werden und sich dadurch langfristige Effekte auch für die Kinder ergeben. Und auch mit Blick auf die Eltern: Das zeigt auch wieder eine eigene Studie, wieder zusammen mit Pia Schober, wo wir uns angeschaut haben, wie denn die Aufteilung der Elternzeit, also das heißt die Inanspruchnahme der Elterngeldmonate durch Väter und Mütter, die Aufteilung der Familienarbeit beeinflusst, wenn beide Elternteile eigentlich auch schon wieder Vollzeit im Beruf zurückgekehrt sind. Und für diese Gruppe an untersuchten Personen und Haushalten sehen wir eben, dass Frauen, die wie ihr Partner, dann Vollzeit erwerbstätig sind, allerdings umso mehr Hausarbeit und Kinderbetreuung übernehmen, je länger sie vorher selbst in Elternzeit waren. Umgekehrt sehen wir aber auch, dass Paare, in denen Väter Elternzeit genommen haben, das heißt die Aufgaben etwas gleichberechtigter vielleicht aufgeteilt haben, als die Kinder sehr klein waren, insbesondere die Kinderbetreuung, dass diese Väter auch langfristig mehr übernehmen.

 

Natascha Heinisch:

Jetzt hast Du ja über die unterschiedlichen oder sich wandelnden Einstellungen der Elterngeneration sozusagen schon geredet, wie die sich im Laufe der Zeit in die eine oder in die andere Richtung verändert hat. Kann man auch was über die Rentner:innen sagen? Gibt es da eine Veränderung wie die auf Care-Arbeit, auf Sorgearbeit schauen, unterschiedlich vielleicht?

 

Gundula Zoch:

Also generell ist es natürlich immer so, die eigenen Lebensumstände, in denen man sich befindet oder vielleicht auch das, was man erlebt hat, die prägen natürlich stark die eigenen Einstellungen, so dass man für Rentner insgesamt oder Rentner:innen insgesamt natürlich sagen kann, dass die in einem Lebensabschnitt sind, wo wir sehr häufig beobachten, dass man zunächst selbst die Hausarbeit, die Familienarbeit eher traditionell aufteilt. Auch hier, Ausnahmen bestätigen die Regeln: Im Schnitt sehen wir das natürlich. Und diese Einstellungen sind häufiger natürlich traditioneller, wenn man wirklich diesen Renteneintritt schon erlebt hat, als wenn man jetzt vielleicht kurz davor ist, die eigene Frau oder man auch selbst als Frau noch erwerbstätig ist, auch wenn das vielleicht nur in Teilzeit oder mit einem kleinen Minijob ist. Das heißt, da hat man schon mal häufig so einen Bruch. Und generell ist es so, dass wir in der Gesellschaft schon feststellen, dass traditionelle Einstellungen etwas zurückgegangen sind. Also zum Beispiel erwartet heute mehr als 2/3 der Bevölkerung eigentlich, dass Väter sich um ihre Kinder kümmern, sich stärker im Familienalltag engagieren und ihre Partnerin auch unterstützen. Zum Vergleich, das sind Zahlen aus dem Familienreport. 2017 lehnten noch 3/4 der Deutschen diese Aussage tatsächlich ab. Und nun ist es so, dass man natürlich versuchen kann zu analysieren, bei wem sind diese Veränderungen, in welcher Gruppe sind diese Veränderungen vielleicht auch durch unterschiedliche Lebensumstände, durch Veränderungen der Rahmenbedingungen anders? Und bei wem gab es wirklich so einen Einstellungswandel? Und da habe ich vorhin ja schon erzählt, unsere eigene oder meine eigene Forschung zeigt, dass wir das insbesondere für Mütter feststellen können, die zwischen, sagen wir mal, 2008-2015, also in der Zeit, wo der Kitaausbau in Deutschland deutlich vorangeschritten ist, dass diese Frauen egalitärere Einstellungen insbesondere zur Müttererwerbstätigkeit ausgebildet haben, dass das aber insbesondere westdeutsche Frauen sind, Frauen mit höherem Bildungsabschluss und Frauen aus Regionen, wo der Kitaausbau besonders an Fahrt aufgenommen hat. Das heißt, nicht nur die eigene Erwerbstätigkeit dieser Frauen hat diese eher egalitäreren Einstellungen bedingt, sondern wirklich auch so ein gesellschaftlicher Klimawandel und ähnliches zeigen auch Analysen für die Elterngeldreform 2007. Also wir haben sozusagen politische Reformen, die so Signale für eine erwünschte Aufteilung der Sorgearbeit geben, wir haben eine stärkere Beteiligung der Väter, wir haben eine stärkere Erwerbsbeteiligung der Mütter und das sind natürlich alles Sachen, die auch Großeltern oder Rentnerinnen und Rentner wahrnehmen, wenn sie sowohl die gesellschaftliche Lage insgesamt beobachten, als natürlich auch ihre eigenen Kinder, wo sie sehr wahrscheinlich feststellen, dass es zum einen größeren Wunsch gibt, dass gut ausgebildete Frauen weiter arbeiten gehen wollen, vielleicht auch verhältnismäßig kürzere Erwerbsunterbrechungen als früher drei Jahre haben wollen. Aber was sicherlich auch der Fall ist, ist, dass beobachtet werden kann, dass natürlich auch die Notwendigkeit, dass beide Partner arbeiten gehen, erheblich größer ist. Wir sitzen heute hier in Berlin. Ich glaube, über den Berliner Mietmarkt muss man nicht mehr viel sagen. Aber das ist auch in anderen Städten Deutschlands natürlich die größte Belastung für Familien, die angesichts doch eher nicht besonders stark steigender Haushaltseinkommen höhere Ausgaben für Miete, für Energie und vielleicht auch für die Ausbildung ihrer Kinder bewältigen müssen.

 

Maximilian Kalk:

Ich würde gerne noch mal zum Schwerpunkt, den wir dieses Jahr haben, kommen. Und zwar geht es ja bei uns um die Digitalisierung im Jahr 2022. Und in der Theorie ermöglicht die Digitalisierung der Arbeitswelt letztendlich, wenn man die Möglichkeiten genau nutzt, nach bestimmten Kriterien eine bessere Aufteilung von unbezahlter und bezahlter Arbeit. Jetzt ist da aber die Frage: Wer nimmt denn das eigentlich genau in Anspruch? Sind denn das eher jetzt Menschen, die schon ein bisschen weiter im Berufsleben stehen und sich das überhaupt erst erlauben können? Dadurch, dass ja nicht jeder Arbeitgeber das auch anbietet? Oder sind das sogar vor allem jetzt ganz junge Paare oder ganz junge Menschen, die aber sagen: Ich möchte nicht so viel Zeit in der Firma hocken. Ich möchte gerne außerhalb meines Arbeitsplatzes auch Zeit für mich haben und Zeit für andere Aufgaben nehmen.

 

Gundula Zoch:

Genau, also die Frage impliziert eigentlich schon zwei Aspekte, die wir da trennen müssen. Zum einen, wer kann diese flexibleren Arbeitszeitmodelle oder Arbeitszeitorte nutzen und wie gut gelingt dann diese Nutzung auch in Kombination mit der eigenen Sorge- und Familienarbeit? Tatsächlich ist es so, dass unabhängig jetzt auch von der Corona-, von der Covid-19-Krise der Anteil von ich sag mal Geschäftsleitung, Personalverantwortlichen für die, die angeben, dass für sie familienfreundliche Maßnahmen wichtig sind, dass der tatsächlich unabhängig von der Krise auch schon gestiegen war. Und gerade im Bereich der flexiblen Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle oder Arbeitsorte ist da viel passiert. Aber Corona hat da natürlich einen enormen Schub geliefert. Und gleichzeitig, und das zeigen zum Beispiel unsere Befunde auf Basis des nationalen Bildungspanels, das NEPS, welches in Bamberg erhoben wird und deutschlandweit unterstützt wird von einem großen Netzwerk. Diese Daten zeigen, dass es offenbar aber eine ziemliche neue digitale Spaltung auch gibt. Das heißt, dass Personen häufiger mit digitalen Technologien arbeiten, die zum Beispiel im Homeoffice arbeiten, aber die auch stark analytische oder auch sehr interaktive Tätigkeiten in ihrem Job nachgehen. Das heißt, es sind weniger Personen und ich denke, das ist verständlich, die sehr stark manuelle Tätigkeiten in ihrem Beruf ausführen müssen oder auch Personen, die vielleicht über nur geringere Bildungsabschlüsse verfügen. Und da kann man wirklich feststellen, wenn man sich die Nutzung des Homeoffice anschaut, insbesondere in der Covid-Krise, dass dies stark nach Bildung stratifiziert ist. Also das heißt, dass insbesondere junge Hochgebildete teilweise oder ganz von zu Hause gearbeitet haben, während das in den älteren Bevölkerungsgruppen wesentlich weniger Personen waren, aber auch hier Bildung eine besondere Rolle gespielt hat. Insgesamt kann man sagen, je niedriger das Bildungsniveau, desto seltener können Personen von zu Hause arbeiten. Und natürlich geht das Bildungsniveau mit den Tätigkeiten einher und auch mit der Karrierestufe, auf der man sich sehr wahrscheinlich auch befindet. Mit Blick auf das Alter: Das ist ganz spannend, und mit Blick vielleicht auch wieder auf diese Genderfragen, dass es in der Tat so ist, dass zum Beispiel zwischen den 36- bis 45-jährigen, also wo vielleicht, das erste Kind auf jeden Fall schon da ist, vielleicht auch schon das zweite, dass wir in der Gruppe eigentlich kaum Geschlechterunterschiede feststellen, während es bei den 26- bis 35-jährigen, also dort, wo sehr wahrscheinlich das erste Kind dann auch schon da ist, mehr Frauen im Homeoffice arbeiten und das ist wirklich ein Novum der Krise. Vorher kennen wir aus Studien Befunde, dass es eher den Männern erlaubt wurde bei gleicher Tätigkeit, bei gleichem Bildungshintergrund, bei gleichen betrieblichen Rahmenbedingungen, was schon darauf hindeutet, dass Frauen unterstellt wird, dass sie diese Zeit dann vielleicht weniger produktiv im Sinne des Unternehmens nutzen. Und das hat sich in der Krise sicherlich sehr geändert. Wobei eben die Frage ist, entsteht dieser Geschlechterunterschied, weil Frauen es mehr eingefordert haben, um sich um Familie und Kinder zu kümmern? Oder ob Unternehmen vielleicht auch schneller entgegenkommend waren und das bei Männern vielleicht weniger unterstützt haben, oder ob es vielleicht auch eine Mischung von beiden Faktoren ist.

 

Maximilian Kalk:

Die Bertelsmann Stiftung hat im letzten Jahr im Dezember eine Studie veröffentlicht, in der sie davon ausgeht, dass die Babyboomer mehr Reichtum und Vermögen als die nachfolgenden Generationen anhäufen wird. Und aus diesem Grund müssen ja Frauen letztendlich auch häufiger arbeiten als, sagen wir mal, im Vergleich zu vor 50 Jahren. Welche Folgen hat denn diese Entwicklung für das Thema equal pay und die Lohnlücke?

 

Gundula Zoch:

Hier kommen ganz viele Faktoren zusammen. Der wichtigste Faktor ist sicherlich, dass es heute weniger, weitaus weniger möglich ist, über wirklich Erwerbseinkommen Wohlstand zu generieren, Ersparnisse zu generieren, die einen ähnlichen Aufstieg ermöglichen, wie das für die Generation der Anfang des Jahrhunderts geborenen oder auch Mitte des Jahrhunderts geborenen Personen möglich war. Stichwort Kapitaleinkommen, Einkommen durch Aktien, dass das natürlich viel mehr an Bedeutung gewonnen hat, als der tägliche Gang zur 40 Stunden Woche. Und zusätzlich sehen wir aber auch, dass Stundenlöhne und Haushaltseinkommen inflationsbereinigt eigentlich schon stagnieren. Das heißt sicherlich im Verhältnis zu so vor 2013, also auch vor der Einführung des Mindestlohns, gibt es da kleine Steigerungen, aber insgesamt ist das Niveau doch relativ gleichbleibend. Das Gleiche gilt für Haushaltseinkommen. Auch hier ist die Ungleichheit weitgehend stabil. Das heißt, es gibt natürlich einige, denen es sehr gut geht. Es gibt einige, die wirklich von sozialem Mangel betroffen sind. Da kann man glücklicherweise sagen, ist das Verhältnis oder der Anteil Gott sei Dank nicht wesentlich angestiegen, wie man das vielleicht manchmal vermuten würde. Auch der Anteil erheblich deprivierter ist sogar zum Teil zurückgegangen. Da kann man zum Beispiel auch an Alleinerziehende denken. Und auch die Einkommensungleichheit in der Coronapandemie ist ein bisschen leicht rückläufig, vor allem auch, weil Selbstständige hier von Einkommensverlust betroffen waren und die eher auch in den höheren Etagen zu finden sind.

 

Natascha Heinisch:

Wie ist die Situation in den Familien?

 

Gundula Zoch:

Da sehen wir, dass die Mehrheit der Paarfamilien dann doch erwerbstätig sind. Mütter in der Regel auch mit mehr Stunden als früher, sodass sie selbst doch deutlich höhere Einkommen generieren können, als das früher der Fall war, wenn man die vielleicht mit ihrer Elterngeneration auch vergleicht. Gleichzeitig, und da sieht man, dass das Bild wirklich ein differenziertes ist, sehen wir aber doch deutlich Armutsrisiken je nach Daten zwischen ich glaub fast 15 und 20 %. Also enorme Zahlen, die für Kinder heutzutage eine Rolle spielen. Und da ist Erwerbsarbeit beider Eltern natürlich der beste Schutz. Also insgesamt kann man sagen, dass 45 % der armutsgefährdeten Kinder kein Elternteil haben im Haushalt, was erwerbstätig ist und dass auch das Risiko sehr stark ist bei Alleinerziehenden. Was bedeutet das jetzt für diesen Kohorten-Vergleich? In der Tat ist es so, dass in der Form, wie wir das für diese älteren Generationen beobachten können, dass Wohlstand in diesem Umfang ausgebaut wird. Dass das erheblich schwieriger ist und zwar für alle Beschäftigten, aber eben auch insbesondere für Familien heutzutage. Und da ist eben die Frage, wie kann man Familien und vor allem auch Frauen weiter unterstützen, um da möglichst gegenzusteuern und ausreichende Haushaltseinkommen zu realisieren, die über die Erwerbsbeteiligung hinaus, also auch mit Blick auf die Rente, die Sicherung im Alter erlauben, den Lebensstandard möglichst zu halten und da nicht auch noch abzurutschen.

 

Natascha Heinisch:

Jetzt hast du die Frage selber schon gestellt, hast Du auch eine Antwort darauf? Was für Möglichkeiten gibt es da der zusätzlichen Unterstützung?

 
Gundula Zoch:

Also ich denke, dass das ganz verschiedene Politikfelder umfasst. Mit Blick auf die Familienarbeit, denke ich, ist es weiterhin wichtig, sich um die Ganztagsbetreuung zu kümmern. Also man kann natürlich positiv hervorheben, dass gerade die Betreuung für die unter 3-jährigen in den vergangenen Jahren enorm ausgebaut wurde. Nichtsdestotrotz ist es natürlich trotzdem so, dass wir da von Betreuungsquoten von knapp 30 % im Westen Deutschlands sprechen. Das heißt, 2/3 der Kinder unter drei können nicht betreut werden. In Ostdeutschland ist das Verhältnis ein bisschen positiver oder deutlich positiver, insbesondere wenn man so in die etwas regionalen Strukturen schaut, also Städte wie Berlin, Leipzig, Dresden. Auch da ist das Angebot- und Nachfrageverhältnis deutlich angespannter. Aber zum Beispiel in Regionen wie Sachsen-Anhalt, da haben wir Betreuungsquoten von über 60 %. Das ist natürlich fast doppelt so viel, verglichen zu einigen Kreisen und Regionen Westdeutschlands. Und dann kann man im Prinzip alle Altersstufen durchdeklinieren: Betreuung von drei bis, ich sage mal, Grundschuleintritt, das ist halbwegs gesetzt in Deutschland, das sind über 90 % der Kinder, die das auch nutzen können. Aber wenn es dann wieder um den Schulbeginn geht und wie lösen Eltern die Betreuung eigentlich, wenn nach 12, 13 Uhr da die Klasse schließt? Das ist für viele Eltern wirklich noch eine Herausforderung. Und auch da sehen wir die altbewährten Ost-West-Unterschiede: Ganztagsbetreuung im Osten viel etablierter als im Westen Deutschlands.

 

Natascha Heinisch:

Welche Wissenschaftslücken gibt es denn bei der Erforschung von Sorgearbeit, die junge Nachwuchsforschende wie Du durch ihr Schaffen noch schließen können?

 

Gundula Zoch:

Unglaublich viele und leider erlauben es Krisen und Herausforderungen, wie das jetzt mit der Corona-Krise passiert ist natürlich auch immer wieder neue Perspektiven, neue Fragestellungen, die beantwortet werden müssen. Wenn man sozusagen jetzt krisenunabhängig denkt, dann bietet der Gesetzgeber schon zahlreiche Möglichkeiten, dass man immer wieder mal schaut, wie haben sich Reformen und Umgestaltungen der politischen Anreize vielleicht ausgewirkt? Also ein Beispiel ist hier das Elterngeld Plus, das ja mehr Teilzeit Anreize sowohl für Frauen als auch für Männer setzt, wo natürlich die Frage naheliegt okay, wie nutzen Eltern das? Welche Gruppen von Eltern nutzen das vielleicht besonders, welche weniger? Was sind die Gründe dafür? Was sind die Folgen, was sind mittel bis langfristige Folgen? Also da kann man durchdeklinieren. Und ähnlich findet man das natürlich auch mit Blick auf andere politische Stellschrauben, zum Beispiel Stichwort Mindestlohn. Wie hat sich das vielleicht für Frauen ausgewirkt? Welche Berufe und Branchen bieten heute da vielleicht bessere Möglichkeiten, geringere Gender Pay Gaps? Wie wirken familienpolitische Rahmenbedingungen auch in Kombination mit beruflichen Merkmalen? Ich denke, auch da gibt es noch viele Fragen, denn nicht für jeden ist es möglich, seine Erwerbsarbeit auch so anzupassen, seine Stunden so auszutarieren, dass es dann zum Beispiel mit den Vorgaben durch Politik übereinstimmt, um dann besondere finanzielle Vorteile oder Unterstützungsleistungen auch mitzunehmen. Also gerade mit Blick auf diesen engen Korridor, der ja nun auch ausgeweitet wird beim Elterngeld könnte das zum Beispiel auch spannend sein. Also ich glaube, viel Spielraum, viele offene Fragen, zu viele offene Fragen, wie immer, wo wir gespannt sein können, welche Antworten da gefunden werden.

 

Maximilian Kalk:

Also noch mal ein Aufruf an alle Zuhörerinnen und Zuhörer, sich auch geistig und auf allen anderen Ebenen dazu einzubringen neue Lösungen zu finden, zu erforschen. Jetzt kommen wir noch mal zu unseren Fragen, die wir all unseren Gesprächspartnerinnen und Partnern stellen in jeder Podcast-Folge: Was bringt Dich aktuell zum Fauchen und was bringt Dich zum Schnurren? Beim Thema equal pay?

 

Gundula Zoch:

Also ich glaube, der erste Punkt ist, dass, wenn wir immer wieder unterscheiden zwischen dem bereinigten und bereinigten gender pay gap, das häufig so mitschwingt na ja, wenn wir den bereinigten anlegen, dann ist ja die Welt eigentlich ganz in Ordnung, dann sind es doch nur so 6 % Lohnunterschied. Und das ärgert mich häufig sehr, weil das natürlich so ist, dass auf der einen Seite, nur weil wir erklären können, warum es zu dieser Benachteiligung oder zu diesen Unterschieden kommt, dass nicht die Ursachen bekämpft und also die Gründe, warum zum Beispiel Frauen bestimmte Berufe, bestimmte Branchen wählen, warum Frauen häufiger Teilzeit arbeiten, warum Frauen ihre Erwerbsarbeit unterbrechen. Das hat Gründe, und die sind häufig strukturell, weil Frauen eben antizipieren, antizipieren müssen, dass für sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eben nach wie vor mit besonderen Herausforderungen verbunden sind. Und diesen Anforderungen stellen sich Frauen, was dann eben zu geringeren Löhnen führt. Und gleichzeitig kann man natürlich auch sagen, na ja, Diskriminierung findet sich ja auch in diesem erklärten Anteil, denn auch die Verteilung von Führungspositionen oder eben auch die Verteilung von Frauen und Männern auf Berufe hat ursächlich vielleicht auch andere Ursachen oder Determinanten, als dass jetzt nur die eigene Entscheidung ist. Der zweite Punkt, dass es häufig auch das Argument gibt, dass Frauen ja selbst schuld sind an ihrer Situation, mehr Care- und Familienarbeit zu übernehmen. Ich denke, es mag sicherlich Familien und Fälle geben, wo Frauen das durchaus bevorzugen und vielleicht auch sich schwertun, die Männer und die Väter in Elternzeit gehen zu lassen. Also das bedeutet ja auch ganz klar, wenn der Mann vielleicht sechs Monate geht, dass für die eigene bezahlte Erwerbsunterbrechung weniger Monate zur Verfügung stehen. Das ist anstrengend, ohne Frage. Aber dennoch würde ich davon Abstand nehmen, dass das die Masse der Frauen betrifft. Oder ich würde zumindest gern Daten sehen, auf Basis dieser Bewertungen und Aussagen getroffen werden. Ja, und die dritte Aussage, was mich häufig auch aber ärgert ist, ist die Aussage, dass frühkindliche Betreuung per se vielleicht gefährlich ist oder mit Einschränkungen in der Entwicklung einhergeht. Das hat man häufig so früher in Ost-West-Vergleichen auch gelesen, dass vielleicht der frühe Krippen Besuch da zu problematischen Entwicklungen im Osten geführt hat. Das bringt mich tatsächlich sehr auf die Palme, weil natürlich, das ist nicht nur die Betreuungszeit und das Alter des Eintritts, sondern es ist natürlich ganz klar die Qualität, die da darüber entscheidet, inwiefern frühkindliche Betreuung förderlich wirken kann, vielleicht auch Defizite ausgleichen kann, insbesondere für benachteiligte Gruppen. Also denken wir zum Beispiel an Gruppen, die in der Familie eben nicht Deutsch sprechen können, sondern andere Sprachen sprechen und ganz klar darauf angewiesen sind, dass dieser Nachteil und das ist es zunächst im frühen Bildungssystem, dann in der Grundschule, wenn es darum geht, Schrift- und Schreiberwerb zu realisieren, und zwar auf Deutsch, dass man da einfach Krippen und Kitas gut nutzen kann und Ausgleich betreiben kann. Und ich denke, dass das eine Perspektive ist, die man vielleicht bei einigen noch verändern kann. Und wo wir in einen Austausch treten müssen.

 

Natascha Heinisch:

Jetzt wollen wir ja mit was Positivem enden: Was sind denn Dinge, die Dich im Bereich equal pay erfreuen, die Dich vielleicht sogar zum Schnurren bringen?

 

Gundula Zoch:

Ich glaube, es ist wieder ganz stark bei mir geknüpft an die an die Rolle der Familienpolitik, weil das natürlich mein Forschungsfeld ist, wo ich selbst auch am meisten gemacht habe. Und was mich da wirklich freut, ist, dass wir wirklich in den Daten sehen können, dass die Beteiligung von Vätern unglaublich gestiegen ist. Zur Einführung des Elterngeldes 2007, da kann man so grob sagen, dass 20 % der Väter das genutzt haben, Elternzeit genommen haben. Und inzwischen, jetzt haben wir 2022, so die jüngsten Zahlen, die wir haben, die zeigen, dass das angestiegen ist auf um die 40, ein bisschen mehr sogar als 40 %. Und ich glaube, das ist, das ist toll, weil es zeigt, dass Väter eben auch wollen, dass es diese, diese Rahmenbedingungen der Politik braucht. Und genauso freut mich, wenn es immer wieder auch Umfragen gibt, die eben auch zeigen, dass das begleitet wird von etwas moderneren, egalitären Einstellungen. Und ich denke, dass das eine gute Grundlage ist, dass natürlich nicht nur die Betroffenen selbst, die Familien, Väter, Mütter, Großeltern und was weiß ich, sondern natürlich auch potenzielle Vorgesetzte in Betrieben und Firmen, dass die von diesem Einstellungswandel der Gesellschaft natürlich unglaublich profitieren können, mit Blick auf das eigene Wirken dann auch in diesen Organisationen, um Gleichberechtigung stärker voranzutreiben und Frauen, aber auch Väter in ihren Wünschen und ihren Forderungen auch unterstützen können

 

Maximilian Kalk:

Also haben wir auch mal Grund zur Freude, das ist doch wunderbar diese Zahlen. Danke dafür für diesen schönen Einblick in das wirklich interessante Studien und dass das noch weitere Förderung benötigt und auch unbedingt weitere Forschung benötigt. Also vielen Dank noch mal, Gundula. An unsere Zuhörer und Zuhörerinnen erinnere ich noch mal: Wenn es Fragen zu dem Gespräch gibt, sende sie bitte an info@equalpayday.de per Mail und folgt uns natürlich auf Social Media. Ihr findet uns unter dem Hashtag epd.

 

 
Natascha Heinisch:

Vielen Dank.

 

Gundula Zoch:

Ich danke Euch.

 

Maximilian Kalk:

Ja und auch von mir Tschüss an alle Zuhörerinnen und Zuhörer. Danke, dass ihr eingeschaltet habt. Für mich ist es dieses Mal der letzte Podcast. Ich freue mich aber auf jeden Fall, wenn ihr weiterhin das Equal Pay Day Team mit Zuschriften und schönen Fragen beliefert. Und natürlich, wenn ihr beim Podcast weiterhin einschaltet. Danke Natascha, für die wunderbaren lustigen Stunden mit dir und natürlich danke auch an das Team für die schönen Momente, die ich genießen durfte. Ich freue mich vor allem darauf, Euch wiederzusehen. Bis bald. Tschüss.

 

 

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