Wir wollen in unserem Podcast darüber sprechen, was passieren muss, damit in Deutschland Frauen und Männer für gleiche und gleichwertige Arbeit endlich auch gleich bezahlt werden.
Wie stellen wir die Weichen auf gerechte Bezahlung in der Arbeitswelt von morgen? Wie schaffen kürzere Arbeitstage gleiche Karrierechancen für Frauen und Männern? Was erfahren wir aus den Drehbüchern für Filme und Serien über unsere Vorstellungen von der Arbeit? Und wie wird IT inklusiv? Das alles wollen und noch viel mehr wir mit diesem Podcast herausfinden.
Wir freuen uns, wenn Ihr Mal reinhört! Garantiert ohne Kater danach!
Alle Folgen hier.
Natascha Heinisch
Diejenigen von euch, die mit Eltern zu tun haben, die kriegen vielleicht auch öfter mal deren Abneigungen für Sendungen wie Paw Patrol mit. Also ich habe zumindest noch niemand getroffen, der oder die gesagt hätte: „Mensch, Paw Patrol, das ist wirklich super, super toll, das schaue ich gerne mit meinen Kindern! Und überhaupt allgemein höre ich auch viel davon, dass die Kinder heutzutage ja gar keine so tollen Serien mehr haben, wie wir damals hatten und auch die Charaktere, die es heutzutage so gibt, dass die gar nicht so gut sind wie unsere damals. Aber ich habe am Wochenende mit meinem Patenkind zum Frühstück Songs aus „Die Schule der magischen Tiere“ lauschen dürfen. Und ich muss zugeben, am Anfang habe ich gedacht: Gott, direkt zum Frühstück „Die Schule der magischen Tiere“, was ist denn das jetzt? Aber dann sind mir folgende Lyrics aufgefallen: „Ihr fiese Räuberbrut, hört, wie der Tod euch ruft. Das Feld voll Schurkenblut nach eurer letzten Schlacht. Ja, ich bin Adel-, Adelheit, mit mir sucht besser keinen Streit. Die Rüstung unterm Adelskleid, bin stets zum Kampf bereit. Ich bin Adelheit. Und das hört sich zum Beispiel für mich überhaupt gar nicht nach Weichspüler an, wie ja heutzutage auch oft gesagt wird, dass es, wenn es jüngere und junge und ganz junge Menschen geht, dass die ja gar nichts mehr vertragen und dass das alles so Wischi-waschi Samthandschuhzeugs ist. Mir hat das sehr gut gefallen, das Bild von der Rüstung, die man unter dem – zumindest habe ich mir so vorgestellt – unter dem pinken, rosa, glitzer Prinzessinnenkleid, die man da drunter trägt. Das passt auch gut zu heutigen Folge, denn ich rede heute mit der Schauspielerin, Regisseurin, Filmproduzentin, Autorin, Saralisa Volm, unter anderem darüber, wie ganz unterschiedliche Dinge trotzdem wundervoll gleichzeitig da sein können. Das hört sich jetzt vielleicht ein bisschen mysteriös an, deswegen wollen wir direkt einsteigen und ich sage: Hallo Saralisa, schön, dass du da bist.
Saralisa Volm
Hallo Natascha, ich freue mich über die Einladung!
Natascha Heinisch
Wir wollen heute vor allem über dein Buch sprechen: „Das ewige Ungenügend – Eine Bestandsaufnahme des weiblichen Körpers“.
Wenn man den Titel so hört, dann denkt man wahrscheinlich zunächst nicht an equal pay, aber tatsächlich sprichst du auch ganz konkret in deinem Buch über Themen wie den Gender Pay Gap oder auch die Problematik von Teilzeitarbeit oder wie blöd das Ehegattensplitting ist. Und du sprichst auch darüber, wie wichtig es für alle, aber auch vor allem für Frauen, ist, sich mit Geld zu befassen. Jetzt kommst du aus dem Bereich Film. Deswegen würde ich gerne speziell erst mal für den Film fragen: Inwieweit ist denn, wenn es über den Gelderwerb geht, Körperoptimierung und Schönheit beim Geld verdienen wichtig, inwieweit spielt das eine Rolle?
Saralisa Volm
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, das sind ja zwei unterschiedliche und trotzdem miteinander verwobene Themenkomplexe. Das ist natürlich so, gerade im Film haben wir einen großen Überhang an Schauspielerinnen. Es ist ein Beruf, den Frauen gerne ausüben möchten. Gleichzeitig sehen wir aber, wenn man das mal testet, dass oft die Männer immer noch die größeren Rollen haben, mit mehr Sprechanteilen und auch mit höheren Gagen. Das heißt, da herrscht sowieso schon mal ein Ungleichgewicht an der Stelle. Und dann ist auch die Frage: Welche Rollen können denn überhaupt gespielt werden? Das heißt, für Frauen gibt es viel, viel mehr Rollen, für Personen unter 40. Danach nimmt das wirklich rapide ab und so weiter. Also alles, was so wirklich On-Screen ist, da ist es für Frauen wahnsinnig wichtig, wie sie aussehen und die Regel ist eigentlich, je jünger, desto besser. Und dementsprechend spielt da auch das Aussehen eine enorme Rolle. Ich würde aber auch sagen, und das wissen wir auch aus verschiedenen Studien, dass auch in anderen Bereichen das Aussehen für Frauen nach wie vor eine große Rolle spielt, auch im beruflichen Kontext, weil eben die Entscheidungen ganz oft von Menschen getroffen werden, die da vielleicht Wert drauf legen und die sowieso Frauen erst mal Platz machen müssen.
Und das tun sie dann vielleicht gerne oder lieber für eine jüngere, gut aussehendere Frau und das ist mit Sicherheit ein großes Thema auch im Film. Was wir nämlich nicht vergessen dürfen, und das ist das, was da dahinter liegt und total entscheidend ist, ich habe neulich eine aktuelle Studie gelesen, die die Produzentenallianz oder jetzt Produktionsallianz in Auftrag gegeben hat, wo es darum ging, wie viel denn eigentlich an Produktionsmitteln da ist für Frauen am Ende des Tages. Und da muss man eine Zahl zur Kenntnis nehmen, die ich wahnsinnig erschreckend fand, nämlich in der extended primetime, also in der Zeit zwischen 18 und 22 Uhr im TV. Da muss man einmal gucken, wie viel von diesen Produktionen, die da sind, werden denn von Frauen verantwortet, denen die Firmen als Mehrheitseignerinnen gehören. Und ich frage dich mal: Was denkst du, wie viel Prozent des Programms das sind?
Natascha Heinisch
Uuuh… was sag ich denn… 27 Prozent
Saralisa Volm
Es sind 1,4
Natascha Heinisch
Oh mein Gott!
Saralisa Volm
Jetzt muss man dazu sagen, dass ein sehr großer Teil der Firmen, die für die extended primetime produzieren, sind Firmen, die tatsächlich anderen Firmen gehören, also Teile von Konzernen und so weiter, Tochterfirmen und so. Also es gehört nicht alles Männern, obwohl auch die Frage ist, wer verdient dann in diesen Konzernen?
Wer hat da das Sagen? Aber wenn man diese Verteilung einfach sieht, also da, wo am Ende des Tages entschieden wird, dann kann man weitergucken. Bei der Geschäftsführung, da sind wir bei ungefähr 4% Frauen in diesem Segment und so weiter. Dann stellt man einfach sehr schnell fest, Frauen haben, auch wenn angeblich sie jetzt viel mehr Anteil haben an dem, was so produziert wird und es vielleicht hier und da auch mal eine Regisseurin gibt oder eine Kamerafrau und man über Diversität spricht, da, wo es wirklich darum geht, hands-on sich mit Geld zu befassen und Entscheidungen zu treffen, haben Frauen kaum was zu sagen. Da sind die paar Frauen, die da sind, stehen quasi einfach 98,6% Männern…
Natascha Heinisch
Wahnsinn…
Saralisa Volm
… und Großkonzernen gegenüber. Und wenn man sich das vor Augen hält, dann weiß man, dass da einfach noch ganz viel dickere Bretter zu bohren sind. Und Frauen selbstverständlich versuchen, das zu tun, was man mehr oder weniger von ihnen erwartet, damit sie überhaupt Teil sein dürfen.
Natascha Heinisch
Du hast Produktionsmittel jetzt schon genannt. Das wäre direkt meine nächste Frage gewesen. Du schreibst in deinem Buch: „Wir brauchen und wollen die gleichen Produktionsmittel wie männliche Regisseure und Produzenten. Was müsste denn passieren, um die Arbeitsbedingungen im Film für Frauen, für Mütter besser zu machen? Abgesehen von dem das Umdenken das immer genannt wird, die strukturelle Veränderung. Was muss den da passieren?
Saralisa Volm
Eine Sache, die natürlich total wichtig wäre, also diese Studie ist wirklich fantastisch. Da sieht man auch noch mal, wie schlecht die Fördermittel zum Beispiel auch verteilt sind prozentual. Was müsste da passieren? Also noch mal an Firmen, die von Frauen geführt werden oder wo Frauen die Inhaberinnen sind. Und da muss man einfach sagen, die MOIN zum Beispiel, das ist die Förderung von Hamburg-Schleswig-Holstein, schneidet da relativ gut ab. Die haben aber auch sich das wirklich auf die Fahnen geschrieben, und zwar nicht nur Frauen zu fördern, sondern eben auch Diversität zu fördern. Und das ist natürlich Nummer eins: Man muss es den Leuten zutrauen. Es muss ein Umdenken stattfinden, insofern, dass man sagt: Ja, eine Frau kann vielleicht auch einen Film machen mit höherem Budget. Und wir sagen nicht: Wir haben zwei Filme von Männern gefördert und zwei von Frauen und die von Frauen sind aber so unterbudgetierte Dokumentarfilme.
Natascha Heinisch
Ich wollte gerade sagen, jemand wie Michael Bay, der kriegt dann Millionen, Millionen um irgendeinen Riesen-Actionfilm zu machen und eine Frau kriegt vielleicht ein paar Milliönchen und macht ein Independent-Filmchen über eine Mutter-Tochter Beziehung oder wie auch immer, aber keinen Riesen Bombast-Film.
Saralisa Volm
Genau. Also ich glaube, es ist natürlich auch immer ein zweischneidiges Schwert, aber man muss anfangen, es den Frauen zuzutrauen, ihnen auch erlauben, dass sie vielleicht so einen Film mal in den Sand setzen. Wir haben in den letzten Jahrzehnten oft Männern gesehen, die Millionen und Abermillion bekommen haben und einfach große Flops gelandet haben. Das ist für mich auch Gleichberechtigung, dass Frauen endlich auch Flops produzieren dürfen und mediokre Mistfilme und dass trotzdem weiter ihren Job machen können. Das ist eigentlich das Ziel meiner Meinung nach. Und ich glaube, das ist ganz wichtig, dass man irgendwie sagt: Okay, wir kümmern uns darum, dass ihr da auch Teil sein dürft. Wir wissen auch heute zum Beispiel, dass auf den geförderten Euro Frauen mehr Geld wieder einspielen, was natürlich auch damit zu tun hat, dass sie sowieso oft schon so dankbar sind, dass sie mitmachen dürfen, dass sie dann oft auch für niedrigere Gagen arbeiten und so weiter. Und das andere, was sich natürlich ändern muss, ist, dass wir ein anderes Bewusstsein dafür herstellen. Und das ist so doof, weil das sollte eigentlich kein Frauenthema sein, sondern das sollte ein Elternthema sein. Das sollte ein Menschenthema sein. Wie bekommen wir die Carework in unserer Gesellschaft gehandelt?
Und auch das spielt natürlich beim Film eine besondere Rolle. Wir haben zurzeit Tarifverträge, die vorsehen, dass 50 Stunden die Woche gearbeitet werden in den verschiedenen Angestelltengewerken, bei den Selbstständigen sowieso. Das heißt, das sind nicht unbedingt familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Klar, Drehtage sind teuer, aber da muss man eben sich neue Sachen überlegen. Also, in der Medizin arbeitet man auch in Schichtsystemen, in anderen Bereichen gibt es 4-Tage-Woche auch. In Kliniken in der Zwischenzeit gibt es das, dass man Dinge ausprobiert und da ist die vermeintlich progressive Filmbranche immer so ein bisschen hinterher. Und das ist natürlich schade, weil auch Menschen, die beim Film arbeiten – man kann es sich kaum vorstellen – haben Eltern, die man pflegen muss, haben kaputte Heizungen, haben vielleicht unter Umständen noch mal selber einen Arzttermin und das wird dann ganz oft vergessen und das muss aber irgendwie geregelt werden.
Natascha Heinisch
Du hast auch noch einen anderen Bereich der Kunst angeschnitten in deinem Buch. Da ging es die Ausstellungsreihe bitchMATERial, wobei bei material das MATER alles großgeschrieben ist wie die Mutter. Da hast du 2018 mit der Kuratorin Britta Adler diese Ausstellungsreihe gestartet und dann habt ihr relativ lange, nämlich zwei Jahre gebraucht, überhaupt genügend Kunstwerke.
Und du schreibst „wir erhielten etliche Absagen von Künstlerinnen, weil sie Angst hatten, ihre Galerien könnten auf diesem Weg erfahren, dass sie ein zweites Kind bekommen hatten oder weil sie grundsätzlich nicht mit dem Mutterthema assoziiert werden wollten.“…
Saralisa Volm
Ja
Natascha Heinisch
… fand ich auch das sehr krass, sehr schlimm. Was zeigt uns das? Über auch da was, was passieren muss, wenn man verstecken muss, dass man noch mal Mama geworden ist oder überhaupt sagt: Nein, ich will, ich kann nur oder ich möchte nur als Künstlerin gesehen werden und nicht, dass der Mutteraspekt in meiner Arbeit irgendwie einfließt, obwohl er ja täglicher Teil des Lebens ist.
Saralisa Volm
Wir haben da ein wahnsinnig verschobenes Bild, würde ich fast sagen, davon, was Kunst sein kann oder darf und was nicht und welche Themen man in diesem Rahmen behandeln darf oder nicht. Also ganz oft geht es ja auch darum, dass die volle Hingabe gefordert wird. Also auch Marina Abramovic kann man ja damit zitieren, dass sie gesagt hat, also Kinder kamen nie in Frage, weil es war klar, sie will Künstlerin sein. Gleichzeitig war es für männliche Künstler nie ein Problem, parallel auch noch mehrere Kinder unter Umständen mit mehreren Frauen zu haben. Und das zeigt ja schon, wie unfair oder wie veraltet vielleicht auch unser Geniebegriff ist. Denn was macht denn der männliche Künstler und was malt er denn über Jahrhunderte hinweg? Wie viel sehe ich da an Saufgelagen, an Raufereien. Und das ist ja auch alles spannend und schön, aber auch andere Dinge, die in unserem Leben eine Rolle spielen, dürften sich ja in der Kunst deutlicher wiederfinden. Und Elternschaft ist genauso blutig, angstvoll, nervenzehrend, traumatisch, beglückend, wunderschön, befreiend wie viele andere Erlebnisse. Und ich glaube, dafür müssen wir langsam Raum schaffen, dass wir sagen: „Ah ja, Frauen und Männer können auch mit anderen Themen Kunst machen und können vielleicht auch einfach Carework machen, noch drei Stunden lang, und müssen nicht irgendwie mit Kolleginnen saufen gehen.
Und diesen Raum muss man sich langsam erarbeiten. Und das ist ja auch spannend in der Kunst, wenn neue Themenfelder entdeckt werden. Dadurch macht man ja ein ganz neues Genre vielleicht auch auf. Also da fehlt noch viel und die Frage ist natürlich auch, warum. Es muss sich auch hier wieder was am Geldfluss verändern, denn es ist ja auch immer die Frage: Wie wird Kunst denn überhaupt Kunst? Dadurch, dass sie gesammelt wird, dadurch, dass sie gekauft wird, dadurch, dass sie in Museen hängt, dadurch, dass es Galeristen gibt, die sie vertreiben wollen. Und auch hier ist natürlich der Punkt: Die Produktionsmittelverteilung muss sich verändern, der Markt muss sich verändern. Dann ist es vielleicht auch interessanter mit den Themensetzungen, je mehr vielleicht auch diverse Sammlerinnen wir haben, umso diverser wird vielleicht auch die Kunst die diese Menschen konsumieren möchten.
Natascha Heinisch
Du hast noch einen wunderschönen Satz geschrieben zur Mutterschaft, nämlich „Mütter sind nicht sexy, außer Rihanna, weil sie kann mit einem riesigen Kugelbauch mit hochhackigen Schuhen, läuft sie dahin, als Gegenbeispiel vielleicht oder als andere Art der Mutterschaft, wie man sie so uns super sieht. Wie können denn allgemein neue Bilder von Mutterschaft entwickelt werden, die dieses Sexy-Sein mit einbeziehen?
Saralisa Volm
Also, das ist zumindest was, was uns auch in der Kuration der Ausstellungsreihe so wahnsinnig aufgefallen ist, dass das so das absolut Undenkbare ist. Wir hatten eine ganz tolle Arbeit von Lara Schnittker in der Ausstellung und die war wirklich super. Die hat aus so einem Pornheft Mädchen, Frauen ausgeschnitten und hat die mit Babys kombiniert. Also das waren so Collagen, was komplett irre war. Also es war so diese super sexy Pornopause und dann kam da immer so entweder das Baby an die Brust oder das Baby kam irgendwie gerade unten rausgeschossen. Und das war natürlich toll, weil man da mal gesehen hat: Ah, das sind zwei Bilder, die wir nie linken. Aber natürlich verliert man ja durch Elternschaft nicht seine sexuelle Begierde, nicht seine Lust, nicht sein Interesse am Leben. Und ich sehe auch alle Kritikpunkte, die es natürlich gab am Auftritt von Rihanna. Dass man sagt: Oh, jetzt muss ich wirklich auch als Schwangere noch hohe Schuhe tragen und kurze Röcke und die ganze Zeit gestylt sein. Das ist natürlich nicht das, was ich damit meine, sondern mehr Vielfalt ist einfach das, was wir uns wünschen sollten. Und auch einfach einzusehen, dass der, ja, sage ich mal, Bestand von „Ich habe ein Kind“ einen nicht zu einer bestimmten Gruppe Mensch macht, sondern man ist eben eigentlich immer noch die Person mit den gleichen Interessen, Vorlieben, Sehnsüchten, Wünschen, die man auch vorher war. Man hat jetzt eben auch Kinder. Nicht, dass das nichts verändert, aber das Kind macht einen nicht zu einer bestimmten Person und dann sind alle Eltern gleich, im Gegenteil. Und wir alle sollten das eigentlich auch wissen, denn wir haben ja auch alle sehr differente Eltern. Also das ist ja auch so eine Sache. Man sagt, wenn man sich das anguckt: Wir alle haben doch unterschiedliche Ideen und auch Freiheitsbedürfnisse. Und das fehlt mir manchmal in der Betrachtung von Elternschaft, wie vielfältig die sein kann.
Natascha Heinisch
Definitiv. Ich würde gerne zu dem … Weil mich das was persönlich auch sehr, sehr angesprochen hat, wenn du schreibst, wie du wahrnimmst, wie du dich beobachtest und wie du auch andere Frauen beobachtest. Ich habe dann, ich glaube, erst so in meinen 30ern auch, wie mir das erstmals aufgefallen ist, zumindest sehr lange habe ich, wenn ich Frauen in Leggings gesehen habe, mir immer [gedacht]: „Kann die jetzt diese Leggings… oder sieht das jetzt gut aus? Sie immer bewertet: „Warum hat sie das an? „oh, traut sie sich das? oder „Mmmh, sollte sie vielleicht lieber nicht anhaben?“ Und bin jetzt seit einigen Jahren erst so weit, dass ich das wahrnehme und dann einen Schritt davon zurücktrete. Sie trägt, was sie möchte und ich trage, was ich möchte und das ist alles so in Ordnung.
Vielleicht kannst du uns mal mitnehmen auf deine Reise dieses „Ich beobachte mich, ich erkenne, wie ich andere beobachte, gehe davon aus, wie sie mich beobachten und lerne daraus auch irgendwie. Du schreibst „ich erkenne den gelernten Selbsthass“, vielleicht du bewertet die andere Frau, auch wie du dich selber bewertest: Kann ich das anziehen? Kann ich das nicht anziehen? Wie seh‘ ich eigentlich aus?!
Saralisa Volm
Also wir sind natürlich, wir leben in einer totalen Bilderwelt und Bilderflut, was man ja nicht vergessen darf. Also wenn es auch natürlich früher überhöhte, verschönerte Darstellungen von echten Personen gab, dann betraf das ja relativ wenige. Und heute sitzen wir alle an, ob das jetzt Social Media ist oder die klassische Frauenzeitschrift oder einfach nur … Also man entkommt dem ja auch nicht. Wenn ich an der Bushaltestelle sitze, wenn ich irgendwie mit dem Zug irgendwo hinfahre, überall sehen wir schöne Menschen. Und das ist natürlich das, womit wir es vergleichen. Oder was heißt überhaupt schön? Also es gibt so ein geprägtes Schönheitsideal und das tragen wir alle mit uns herum und dem versuchen wir zu folgen. Am Ende natürlich auch, weil die Werbung uns das ganz stark einredet. Also da wird uns ja die ganze Zeit die Lösung vorgegaukelt. Also wenn du das isst oder wenn du diese Diät machst oder wenn du dich mit diesem Rasierer rasierst oder wie auch immer, dann wirst du endlich gut genug aussehen, glücklich zu sein. Dann fühlt sich dein Leben an wie ein Urlaub auf Hawaii. Und dadurch sind wir natürlich so geprägt davon, dass wir uns die ganze Zeit fragen: Wie… oder uns damit dazu ins Verhältnis setzen: Wie sehe ich denn aus im Vergleich?
Erreiche ich das? Erreiche ich das nicht? Wie ist dieser Unterschied? Und es deprimiert uns. Und das ist natürlich auch schockierend. Es gibt so Studien dazu. Es gibt zum Beispiel den sehr interessanten „Charlie’s Angels-Effekt“, wo man Männern den Film Charlie’s Angels gezeigt hat und feststellen konnte, dass sie danach ihre eigene Lebenspartnerin weniger attraktiv finden, weil man es da eben mit drei sehr attraktiven Frauen zu tun hat. Es gibt auch andere Studien, die uns sehr genau sagen, wenn wir den ganzen Tag schöne Leute sehen, also „schön“ jetzt immer so in Anführungsstrichen, also westlich sozialisiert, durchkolonialisierte Schönheitsideale, dann geht es uns schlechter. Wir bekommen schlechte Laune davon, den ganzen Tag Menschen zu sehen, die besser aussehen als wir. Dann gibt es die Alternative: Wir sehen Menschen, die ungefähr so aussehen wie wir. Dann fühlen wir uns einigermaßen wohl mit unserer Umgebung. Und dann gibt es den dritten Punkt: Landschaftsbilder. Macht richtig gute Laune. Das heißt, wir sollten uns schon auch als Gesellschaft mal fragen, meiner Meinung nach, warum an Bushaltestellen nicht Landschaftsbilder hängen oder Kunst, die uns irgendwie erhellt oder kluge Gedichte, statt die nächste Werbekampagne für Bullshit, den wir nicht brauchen, der uns nur Geld kostet und wo zusätzlich jedes einzelne Werbefoto uns wahnsinnig unglücklich macht.
Und das ist einfach die Brille, mit der wir durchs Leben laufen und um vielleicht auf deine Frage zurückzukommen, die Brille, mit der wir uns selbst betrachten, wenn wir in den Spiegel gucken und die Brille, mit der wir dann natürlich auch andere betrachten, die uns so begegnen. Und dann sind es auch diese Sprüche. Es ist ja nicht nur die Werbung, es sind die Sprüche, die wir alle, glaube ich, von unseren Großmüttern gehört haben oder von unseren Müttern, die gemacht werden, wenn man Sendungen guckt wie Germany’s Next Top Model oder wie auch immer. Und das ist natürlich fatal. Das ist erst mal die Prägung, mit der wir aufwachsen.
Natascha Heinisch
Was mich noch total interessieren würde: Du in deiner Arbeit – du schreibst zum Beispiel auch, dass du beim Thema Körperglück selbst sehr gesegnet warst, wenn es jetzt den „thigh gap“ zum Beispiel geht – hast du manchmal in deiner Arbeit… steht dir das manchmal im Weg, weil du jetzt eigentlich ein Buch schreibst gegen den Schönheitswahn, ganz platt gesagt, dass du selber schön bist?
Wird dir das vorgeworfen, oder wie gehst du damit um, oder spielt das eigentlich gar keine Rolle in deiner Arbeit oder in der Kritik an diesem Schönheitswahn?
Saralisa Volm
Also, es wird mir natürlich vorgeworfen, weil, das ist aber wiederum auch das Spannende, ich bin ja jetzt schon fast 40. Und das Schöne ist, dass ich einen sehr langsam Weg nehmen durfte, in dieses vielleicht immer so ein bisschen Bekannter-Werden. Und ich weiß heute, es wird dir einfach alles vorgeworfen. Also es ist komplett egal, was du machst. Das ist quasi der Preis, den man dafür zahlt, sich öffentlich auszusetzen und sich öffentlich zu äußern. Ich verstehe diese Kritik absolut und ich schreibe auch im Buch drüber, dass ich schon glaube, und das hat gar nicht mal nur was mit dem Aussehen zu tun, sondern natürlich auch mit meiner ansonsten relativ privilegierten Stellung: Ich habe einen deutschen Pass, ich bin weiß, ich habe alle Arme, Hände, wie auch immer. Ich kann mich einigermaßen ausdrücken. Ich darf in einem Job arbeiten, den ich liebe. Wir haben gerade gehört, es sind nur 1,4% in der extended primetime. Ich darf fürs deutsche Fernsehen produzieren, wenn auch unterfinanziert. Also insofern super privileged. Und das ist was, was es natürlich die ganze Zeit zu reflektieren gilt und was es die ganze Zeit auch zu benutzen gilt. Das ist, wie ich das zumindest sehe. Natürlich kann man sagen, das nimmt den Raum, für jemand anderen ein Buch zu schreiben. Das glaube ich nicht, mein Freund, mein lieber Freund, Malte Welding, hat mir gesagt, „Die Regale sind weit“. Es ist Platz für sehr viele Bücher und das finde ich ganz entscheidend.
Zum einen zu sagen, ich äußere mich und ich nehme mir einen Platz. Ich habe ja auch Dinge über die man sprechen muss. Ich bin immer auch eine Frau und auch eine Mutter und so weiter. Und auf der anderen Seite räume ich aber Platz frei für andere Menschen und gebe denen Raum, Raum, sich zu äußern, Raum, sich zu präsentieren. Und ich halte das für ganz wichtig. Ich weiß nicht, ob ich jetzt zusammenkriege, aber es gibt dieses Toni-Morrison-Zitat, dass sie mal vor so Absolventen in Harvard gehalten haben. Also sie hat dort eine Rede gehalten für die Absolventen und hat dort unter anderem gesagt: „Wenn ihr irgendwann diese tollen Jobs habt, für die ihr so gut ausgebildet werdet, dann dürft ihr nicht vergessen, dass es euer Auftrag ist, mit der Macht, die ihr dann habt, andere Leute zu ermächtigen. Und ich finde, das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Und dafür Gegenwind zu bekommen und dafür angefeindet zu werden, das ist einfach der Preis, den man zahlt, wenn man sich öffentlich auswählt.
Natascha Heinisch
Genau, du schreibst am Ende deines Buches: „Es ist an uns, die wir unsere Selbstwirksamkeit schon entdeckt haben, andere mitzunehmen. Also das, was du auch gerade gesagt hast mit dem Zitat, wenn ich mir selber meinen Platz mir erkämpft, mir erarbeitet habe, dann nicht zu vergessen, all die anderen mich herum, die ich an der Stelle mitnehmen kann oder für die ich einen Platz einräumen kann. Vielleicht können wir noch mal kurz ein bisschen tiefer da reingehen, was vielleicht auch unsere Zuhörerinnen und Zuhörer, wenn ich jetzt kein Buch zum Beispiel schreibe oder nicht in der Öffentlichkeit stehe, was ich ganz im Alltag tun kann, um Platz einzuräumen anderen Menschen, wenn ich jetzt sage „ach früh um 9 geh ich in mein Büro und 17 Uhr komm ich wieder, und wie soll ich denn jetzt noch anderen Menschen einen Platz einräumen?“
Saralisa Volm
Ich finde auch, der Punkt ist auch, du hast es gerade gesagt, wie man sich erarbeitet hat. Ich glaube, es fängt schon viel damit an, sich bewusst zu machen, dass, wenn man das große Glück hat, zum Beispiel in Deutschland oder in Europa geboren zu sein, mit einem europäischen Pass und so weiter und so fort, man eh schon mal auf einem ganz anderen Level startet. Das heißt, man hat ganz vieles von dem Platz, den man hat, mit dem sauberen Wasser und der Schulbildung und so weiter auch einfach geschenkt bekommen. Also deshalb, glaube ich, ist immer wichtig, das ins Verhältnis zu setzen. Und es gibt tausend kleine Dinge, die wir machen können und ich glaube, es ist vollkommen okay. Und das ist auch wichtig zu sagen – permanent dran zu scheitern. Man kann nur am Gutmensch-Sein scheitern, wenn man eine weiße Europäerin ist. Das muss man auch mal sagen. Also da kann man schon morgens aufstehen und sagen: „Okay, ich bin schuldig, aber heute mache ich vielleicht einen Zentimeter“. Das ist, glaube ich, schon mal so. Damit kann man dann schon mehr entspannter in den Tag gehen. Und dann gibt es natürlich tausend Dinge, also sich einfach zu überlegen, natürlich, wo konsumiere ich?Inwiefern vertraue ich auch auf diverse Menschen, die die Dinge machen, die ich sonst vielleicht bei einem Großanbieter kaufen kann? Gehe ich in den kleinen Buchladen an der Ecke oder kaufe ich ein Buch bei diesem großen Händler? Wo lege ich mein Geld an? Was ist meine Bank? Wen beauftrage ich als Installateur:in, als Elektriker:in, wie auch imme, also sich bei all diesen kleinen Entscheidungen, nicht bei jeder und nicht die ganze Zeit und man muss nicht auf alles verzichten, das wäre absurd. Aber sich bei ganz vielen Dingen manchmal zu überlegen: „Ach, ist das nicht cool, hier einfach mal jemandem den Raum zu geben, wo ich normalerweise vielleicht den bequemeren Weg gegangen wäre?“, weil es hier … weiß ich nicht, man möchte vielleicht mal eine kleine Fotografie kaufen oder eine neue Hose oder irgendwas und dann zu gucken, gibt es da ein kleines Label, wo ich jemanden supporten kann, der vielleicht jetzt nicht den Platz hat in der Großindustrie oder wie auch immer.
Natascha Heinisch
Du hast ein Zitat, in dem ich mich total wiedererkannt habe. Ich werde fast ganz genau drei Monate vor dir, 40, und du schreibst: „Ich war noch nie zufrieden mit meinem Äußeren, aber es gab Dinge, die ich ab und an okay an mir fand. Bauch, Beine, Po und Haare. Selbst das ist jetzt vorbei.“ Das gilt bei mir jetzt nicht für die gleichen Körperteile, aber diesen Satz „Ja, früher, da gab es schon noch was, was ich irgendwie ganz okay fand und jetzt mit 40… hmmm…. Ja, äh.. auch nicht mehr so richtig. Du hast auch gerade gesagt, es ist ein ständiges Scheitern, aber wie gehst du mit dem Altern um.
Saralisa Volm
Also ich finde, es gibt ja so relativ viele verschiedene Betrachtungsweisen dazu. Ich finde eine, die relativ relevant ist, ist die Frage nach der Alternative. Natürlich kann man ganz viel machen, indem man sich irgendwie noch ein bisschen bewegt und nicht ganz fürchterlich isst und nicht jeden Tag drei Schacht in Zigaretten raucht. Aber im Großen und Ganzen muss man sagen, ist es fast ob man sich jetzt durchoperiert oder ob man so bleibt, wie man ist. Man sieht am Ende halt entweder alt und straff gezogen oder alt und alt aus. Wir können uns gegen das Alter an sich nicht wehren, und das ist eine sehr große Voraussetzung. Aber ja, was ist die Alternative? Die Alternative ist sterben. Und das muss man sich, glaube ich, manchmal auch vor Augen halten, dass es auch ein wahnsinnig großes Geschenk ist, noch weitermachen zu dürfen. Und so deprimierend wie das ist, ich habe noch keine Ahnung, wie ich damit umgehe. Also es gibt Dinge, über die muss ich mir noch keine Gedanken machen, aber kann ich mir vorstellen, dass ich in 20 Jahren überlege, meinen Hals straffen zu lassen? Mit Sicherheit. Aber ich würde mir auch gerne seit 20 Jahren die Brüste operieren lassen, babe aber immer irgendwie was Wichtigeres vor mit meinem Geld. Aber maybe one day. Also ich würde erst mal nichts ausschließen, weil ich glaube, das wäre absurd.
Dafür muss man erst mal in die Situation kommen. Und trotzdem habe ich mal so … Das war … Senta Berger hat den Ehrenpreis bekommen beim Deutschen Filmpreis und dann wurde eine – ich weiß gar nicht mehr, wer die gehalten hat – also eine Laudatio auf sie gehalten. Und dann hat jemand erzählt, dass er irgendwann mit der bereits etwas älteren Senta Berger in ein Restaurant ging und sie gesagt hat: „Also früher haben mich alle angeschaut oder haben sich alle nach mir umgedreht“, irgendwie so was. Und dann hätte er gesagt: „Aber das ist doch heute immer noch so“. Und dann hat sie gesagt: „Ja, aber heute schauen Sie nur, weil ich Senta Berger bin“. Und dann dachte ich: „Das ist so spannend. Und seitdem habe ich mir vorgenommen, dass die Leute nicht schauen, weil ich gut aussehe, sondern dass sie schauen, weil ich Saralisa Volm bin. Das ist so. Also ich glaube, das hat ja auch einen Wert, was zu gestalten, was zu machen. Und manchmal ist es so, dass man eben ganz vergisst, wie man aussieht, weil man voller Leidenschaft tut und arbeitet, oder irgendwas schafft, was vielleicht noch mal ein bisschen vielleicht auch über einen selbst hinausragt. Und das wäre mein Wunsch, so mit dem Alter und umgehen zu können und ansonsten halte ich mir alle Optionen offen.
Natascha Heinisch
Du schreibst auch, dass es teilweise an alternativen weiblichen Vorbildern fehlt. Wir machen seit einiger Zeit für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer immer auch so ein Spotlight auf eine weiblich gelesene Person, die mehr Aufmerksamkeit erfahren sollte. Vielleicht hast du ja, obwohl du sagst, dass es nicht so wirklich viele alternative weibliche Vorbilder gibt, eine Person für uns, wo du sagst, Mensch – oder auch gerne zwei – wo du sagst, die Frau sollte man sich aus dem und dem Grund mal genauer anschauen.
Saralisa Volm
Oh, da gibt es natürlich ganz, ganz viele, wo ich das Gefühl habe, die haben es absolut verdient, mehr betrachtet zu werden. Übrigens gerade ja auch historisch. Also wenn man sich mal anguckt, was hat eine First Lady wie eine Eleanor Roosevelt eigentlich getan und geleistet? Da hat man immer den Mann im Fokus und da gibt es ja auch ganz viele Künstler:innenpaare, wo man noch mal genau hingucken kann, was haben eigentlich die vermeintlichen Frauen „an der Seite“ von gemacht? Also ich glaube, das ist so ein ganz, ganz großes Feld. „Die Frau von“ ist oft die Magic Artist Superwoman, die leider ihren Namen nicht drunter schreiben durfte.
Natascha Heinisch
Jetzt würde ich wieder den Bogen ganz zurück zum Anfang schlagen, denn am Schluss des Podcasts frage ich unsere Gäste und Gäste immer, was bringt dich aktuell zum Fauchen und was sie zum Schnurren bringt, beim Thema Equal Pay. Und auch dich würde ich das heute gerne fragen.
Saralisa Volm
Also was mich definitiv zum Fauchen bringt, aktuell sind diese immer wiederkehrend dramatisch schlechten Zahlen von Federn in Elternzeit. Das macht mich wahnsinnig und dass es jedes Mal mit jeder neuen Statistik sich nicht ändert, weil ich glaube, dass genau das ganz viel mit dem Mangel von Equal Pay-Optionen zu tun hat. Was mich zum Schnurren bringt, sind tatsächlich all die Frauen, die immer noch sich wahnsinnig dafür einsetzen, dass es eine Zeitgerechtigkeit gibt, die nicht aufhören, darüber zu schreiben, die nicht aufhören, darüber zu sprechen, die sich gegen Ungerechtigkeit stellen. Es gibt da so ein paar Autorinnen, die ich schon ganz lange verfolge und sehr schätze, ob das Mareice Kaiser ist, ob das Theresa Bücker ist, die wirklich sich gefühlt permanent die Finger wund tippen. Und das ist eine große Freude, dass es die gibt. Und das freut mich, dass die die trotz allem Gegenwind nicht aufhören.
Natascha Heinisch
Ganz, ganz, ganz am Schluss immer noch die offene Frage: Ist dir irgendwas zu kurz gekommen noch? Gibt es noch irgendwas, worüber du gerne sprechen möchtest? Ich zum Beispiel wollte dich noch eine ganz nebenbei fragen: Du schreibst auch, dass du in aktuellen Modetrends eine gute Entwicklung eigentlich siehst, was das Empowerment von Frauen angeht, so als Schmankerl zum Schluss, vielleicht können wir auch darüber kurz reden oder auch über alles andere, wo du sagst, Mensch, das möchte ich auf jeden Fall in der Folge noch gesagt haben.
Saralisa Volm
Wir müssen immer aufpassen, weil Mode ja immer sehr beweglich ist. Also das, was ich persönlich immer schön finde, ist, wenn Mode ein breites Spektrum anbietet. Und da sind wir momentan noch. Man kann ultraweite Klamotten tragen, man kann sehr boyish sein, man kann aber auch wieder alles zuschaustellen, was Weiblichkeit hergibt und ist in beiden Fällen sehr modern. Und ich mag immer, wenn verschiedene Konsumoptionen oder meinetwegen auch Kunstoptionen Freiräume eröffnen und Möglichkeiten, Räume eröffnen. Und ich glaube, das ist in der Mode gerade da. Und das gefällt mir immer, wenn unterschiedliche Kulturen und auch Ideen da Platz finden. Und deshalb hoffe ich natürlich, dass das eine Weile so bleibt, aber wir alle wissen, das ist schneller vorbei, als wir wollen. Und Ozempic ist ja schon da.
Natascha Heinisch
Oh ja.
Saralisa Volm
Also wir kommen gerade jetzt auch wieder zurück zum Magertrend. Das ist natürlich super deprimierend.
Natascha Heinisch
Hast du sonst doch irgendwas, was du gern loswerden möchtest?
Saralisa Volm
An der Stelle muss man wahrscheinlich wirklich sagen, dass, wie vielen anderen mir der Rechtsruck große Sorgen macht, den wir gerade haben.
Und so wichtig ich all die Themen finde, über die wir sprechen, Feminismus, Diversität, Transrechte oder auch heute hier gesprochen haben. Ich glaube, eine ganz wesentliche Sache ist, dass man sich in diesem, ich nenne es jetzt mal weitergefassten „linken Spektrum“, so ein bisschen zusammentut und wenn wir über Equal Pay sprechen, möchte ich für eine Sache werben, die mir aus mir unerfindlichen Gründen aus der Mode gekommen ist: Der Eintritt in Gewerkschaften. Ich glaube, dass das wirklich der Punkt ist, wo Arbeitskampf stattfinden kann und wo sich Verhältnisse verändern lassen, gerade auch wenn es jetzt irgendwie Jobabschaffungen gibt durch KI gibt und so weiter. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Ort, wo man auch über parteipolitische Grenzen hinweg sich wieder finden könnte. Und das würde ich mir vielleicht zum Abschluss noch wünschen, dass mehr Leute wieder sich in so Gewerkschaften, Vereinen, Verbänden finden und für mehr Gerechtigkeit kämpfen. Ich glaube, das hilft uns, sowohl beim rechten als auch beim linken Lager, sich wieder ein bisschen zu verbinden.
Natascha Heinisch
Sehr wichtige Worte zum Schluss. Wenn ihr da draußen noch Fragen an uns habt, dann könnt ihr die wie immer stellen an info@equalpayday.de und uns auch sehr gerne folgen auf Social Media unter dem Hashtag #EPD. Dann sage ich, Saralisa, vielen, vielen Dank, dass du heute bei uns warst. Hat sehr viel Spaß gemacht! Ich hab dein Buch wirklich sehr gern gelesen, ich kann es euch allen draußen auch nur wärmstens empfehlen. Ja, dann sage ich, vielen Dank dir und euch allen da draußen. Tschüss
Saralisa Volm
Ich hab zu danken für das schöne Gespräch.